Uralte DNA einer verschollenen Traubensorte aus der Wüste

Jüngste Ausgrabungen von spätantiken Siedlungen im Negev-Hochland im Süden Israels deckten eine Gesellschaft auf, die Weinbau im kommerziellen Maßstab in einer trockenen Umgebung etablierte.

Avdat, Fundort
Traubensorte

Luftaufnahme von Avdat, eine der Fundstätten der in der Studie untersuchten Traubenkerne. wikimedia commons unter der Lizenz CC-BY-3.0

Die Erforschung von Traubenkernen, die in einem ausgegrabenen byzantinischen Kloster in Israel gefunden wurden, weist auf die Ursprünge des „geheimnisvollen“ Gaza-Weins und die Geschichte des Weinanbaus unter Wüstenbedingungen hin.

Die Forscher einer im Magazin PNAS veröffentlichten Studie, wandten zielgerichtete genomweite Sequenzierung und Radiokohlenstoffdatierung an, um Weinrebenkerne zu untersuchen, die an drei archäologischen Stätten in der israelischen Negev-Wüste ausgegraben wurden – Avdat, Nessana, Shivta. Ihre Analysen ergaben einen jahrhundertelangen und kontinuierlichen Weinanbau in der südlichen Levante. 

Die genetisch vielfältigen Kerne lieferten auch Hinweise auf alte Anbaustrategien, die darauf abzielten, die landwirtschaftliche Produktivität zu verbessern und die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Anhand einer genomischen Vorhersageanalyse wurde festgestellt, dass ein Kern aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. wahrscheinlich von einer weißen Traubensorte stammt, die bis heute die älteste ist, die identifiziert wurde. In einer Verwandtschaftsanalyse stellten Forscher fest, dass ein weiterer Kern von einer modernen griechischen Sorte abstammt. Er steht somit mit mehreren beliebten historischen Weinen in Verbindung, die einst im gesamten Byzantinischen Reich gehandelt wurden. 

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Wein ist aus unserem Leben kaum mehr wegzudenken – doch in der europäischen Urgeschichte ein relativ junges Phänomen. Der Erfolgszug der Rebe begann im Vorderen Orient, von wo sie sich in den Mittelmeerraum ausbreitete. Erst mit den Römern hielt der Weinanbau nördlich der Alpen Einzug. Ganz offensichtlich hatte das Weintrinken jenseits des Genusses immer auch eine besondere kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung.

Es wird angenommen, dass er mit dem süßen Weißwein – dem Gaza-Wein – in Verbindung steht. Auf diesen fanden Archäologen Hinweise in historischen Aufzeichnungen. Aber der Mangel an Beweisen für weiße Sorten aus dieser Zeit hat bis heute ein Fragezeichen hinter seinen wahren Ursprung hinterlassen.

Man stellte den Wein im Negev her und verschiffte ihn quer durch das Byzantinische Reich sowie nach Deutschland, Frankreich und Großbritannien. 

Forscher verwendeten genetische Analysen, um mehrere verschiedene Rebsorten zu identifizieren, die in Negev-Weinbergen angebaut wurden. Darunter finden sich sowohl weiße als auch schwarze Trauben. 

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Dr. Nathan Wales vom Department of Archaeology der University of York sagte: „Dies ist das erste Mal, dass die Genetik Anwendung fand, um die Farbe einer alten Traube zu identifizieren. Sie gibt uns einen Einblick in den international berühmten Gaza-Wein dieser Zeit.  Es gab uns auch die Möglichkeit, altes Saatgut mit modernen Traubensorte zu verbinden, die noch heute im Mittelmeerraum angebaut werden.“ 

„Die Identifizierung der Rebsorten, die während der byzantinischen Zeit im Negev wuchsen, und der genetischen Eigenschaften, die unter diesen trockenen Wüstenbedingungen gefördert wurden, könnte wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, wie Pflanzensorten entwickelt werden könnten, um den extremen klimatischen Bedingungen von heute zu widerstehen.“

Die Weinreben erzielten in byzantinischer Zeit einige der größten Gewinne aller Kulturen. Und der Handel aus dem Negev, beispielsweise mit dem Libanon und Kreta, hat moderne Rotweinsorten hervorgebracht, die noch heute in diesen Gebieten hergestellt werden.

Nach einer Meldung von Eurekalert

Originalpublikation
Pnina Cohen, Roberto Bacilieri, Jazmín Ramos-Madrigal and Meirav Meiri. Ancient DNA from a lost Negev Highlands desert grape reveals a Late Antiquity wine lineage. Proceedings of the National Academy of Sciences 120 (17) https://doi.org/10.1073/pnas.2213563120

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