Größte bisher bekannte Balsamierungsstätte entdeckt

Cluster mit einigen der über 370 großen Balsamierungsgefäße aus der Grabanlage eines gewissen Wahibre-mery-Neith.
Cluster mit einigen der über 370 großen Gefäße aus der Balsamierungsstätte eines gewissen Wahibre-mery-Neith. Foto: Petr Košárek, © Archiv des Tschechischen Instituts für Ägyptologie.

Seit mehr als drei Jahrzehnten erforscht das Tschechische Institut für Ägyptologie ein Gräberfeld aus der späten 26. oder frühen 27. Dynastie (2. Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr.). In einer Gruppe großer Schachtgräber im westlichen Teil der altägyptischen Nekropole von Abusir wurde eine einzigartige Balsamierungsstätte ausgegraben. Mit insgesamt 370 großen Keramikgefäßen und einer Reihe kleinerer Artefakte handelt es sich wahrscheinlich um den größten Komplex und quasi ungestörten Fund dieser Art aus dem Alten Ägypten.

Die Gefäße enthielten Reste verschiedener Materialien und Utensilien, die ursprünglich während des Mumifizierungsprozesses verwendet worden waren. Die Behälter wurden in einem riesigen, 5,3 x 5,3 Meter großen und mehr als 14 Meter tiefen Schacht gefunden, der an eine große, noch nicht ausgegrabene Grabstruktur angrenzt. Hier wurden die Gefäße in insgesamt 14 Gruppen in einer Tiefe von 4 bis 12 Metern spiralförmig an den Seiten des Schachtes angeordnet. Die Anzahl der in jeder dieser Gruppen gelagerten Gefäße schwankte zwischen 7 und 52 Exemplaren.

In der obersten Gruppe der Gefäße wurden außerdem vier beschriftete Kanopen aus Kalkstein gefunden, die alle leer und offensichtlich unbenutzt waren. Den eingravierten Texten zufolge gehörten die Kanopen einem gewissen Wahibre-mery-Neith, dem Sohn der Irturu.

Blick in den Schacht mit Balsamierungsgefäßen während der Ausgrabung in Abusir.
Blick in den Schacht mit Balsamierungsgefäßen während der Ausgrabung in Abusir. Foto: Petr Košárek, © Archiv des Tschechischen Instituts für Ägyptologie.

Der Leiter der Mission in Abusir, Prof. Miroslav Bárta, berichtet: „Die Saison 2021 war Teil eines langfristigen Projekts zur Ausgrabung und Interpretation von Denkmälern aus einer Zeit, als die altägyptische Gesellschaft nach neuen Wegen suchte, um ihre einzigartige Identität zu bewahren, die von den griechischen, persischen und nubischen Armeen in Frage gestellt wurde“. Die Schachtgräber von Abusir, die in ähnlicher Weise wie das berühmte Grab von Djoser (um 2700 v. Chr.), dem Begründer des Alten Reiches, gebaut wurden, spielten eine wichtige Rolle bei der einzigartigen Entwicklung des kulturellen Ausdrucks der ägyptischen Eliten jener Zeit“.

„Obwohl eine Reihe von Würdenträgern dieses Namens aus dieser Zeit bekannt sind, kann keiner von ihnen als Besitzer dieser Kanopengläser identifiziert werden, da für alle Mütter mit einem anderen Namen bezeugt sind. Nach der Größe des Einbalsamierungsdepots und vor allem nach den Abmessungen und dem Aufbau des benachbarten Grabes zu urteilen, muss der Besitzer des Grabes (und des Depots) zu den höchsten Würdenträgern seiner Zeit gehört haben, zusammen mit seinen engsten Nachbarn auf dem Friedhof – dem berühmten Admiral Udjahorresnet und General Menekhibnekau“, so Prof. Ladislav Bareš, einer der führenden Experten für diese Epoche.

Im Jahr 2022 soll die Ausgrabung fortgesetzt werden, indem die Grabanlage am Boden des riesigen zentralen Schachtes der Balsamierungsstätte untersucht wird. Gleichzeitig wird die Analyse der Gefäße und ihres Kontextes mit modernen wissenschaftlichen Methoden vorbereitet. Die Ausgrabungen des Tschechischen Instituts für Ägyptologie der Karls-Universität Prag werden aus den Programmen der Karlsuniversität „Progres“ und „Cooperatio“, dem Projekt KREAS („OPVVV“) und der Dotation VEG des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport finanziert.

Nach Pressemitteilung des Tschechischen Instituts für Ägyptologie

Cover Antike Welt Sonderheft 8/20 Häuser für die Ewigkeit

Das könnte Sie auch interessieren!

Häuser für die Ewigkeit – Gräber und Mythologie im alten Ägypten

Dieses Sonderheft der ANTIKE WELT nimmt Sie mit auf eine Zeitreise durch mehr als 3000 Jahre altägyptischer Grabkultur und Jenseitstexte. Sie können beobachten, wie sich die religiösen und vor allem die mythologischen Ideen entwickelten, die uns heute nicht nur als Text- und Bildkompositionen, sondern auch in Form der ikonischen Pyramiden, der Tempelgräber und der berühmten Felsgräber im Tal der Könige vor Augen stehen.