Die Telamoni am Olympieion von Agrigent

Telamoni, oder auch Atlanten, bezeichnen in der Architektur Stützen in Form einer männlichen Gestalt. Im heute stark zerstörten Zeustempel von Agrigent, Sizilien, befanden sich die Figuren ursprünglich zwischen den Säulen.

Agrigento – das Akragas der Griechen und Agrigentum der Römer oder arabisch Kerkent und im Mittelalter Girgenti oder im heutigen Dialekt Giurgenti genannt, um ab 1926 wieder Agrigento zu heißen – wurde 581 v. Chr. als Kolonie von Gela aus, unter Mitwirkung von Kolonisten aus Kreta und Rhodos, gegründet.

Telamoni Agrigent
Ein aus 15 Blöcken zusammengesetzter Telamon © DAI ROM // H.-J. Beste

Das Olympieion, der einzige sicher identifizierbare Tempel in Agrigento, liegt auf einem flachen, nach Westen ansteigenden Hügel im Süden der Stadt in unmittelbarer Nähe der Stadtmauer. Nach der Beschreibung bei Diodorus Siculus (XIII 82 und Polybius XI 27) begann der Bau des Tempels nach dem Sieg über die Karthager bei Himera 480 v. Chr. Schon 406/405 wurde er bei der Einnahme der Stadt durch die Karthager wieder zerstört.

Der bedauernswert schlechte Zustand des einstigen Monumentalbaus – heute präsentieren sich dem Besucher nur noch wenige Mauern – sind nicht nur auf Zerstörungen im Altertum und allgemein auf den Zahn der Zeit zurückzuführen, er ist vielmehr das Ergebnis neuzeitlicher Zerstörungen. So wurden viele Quader des Tempels im 18. Jh. für den Bau der Mole des Hafens von Porto Empedocle abtransportiert.

Eine abstruse Schöpfung der griechischen Welt

Der Bau mit einem Fundamentrechteck von ca. 56 x 113 m (was nicht ganz den Maßen eines Fußballfeldes entspricht) ist eine der originellsten, aber auch abstrusesten Schöpfungen der griechischen Welt.

Nicht nur wegen seinen Eigentümlichkeiten erweckt der Bau bis heute große Aufmerksamkeit, auch seine Forschungsgeschichte ist äußerst interessant. Goethe äußert sich auf seiner Sizilienreise 1787 wenig begeistert über den »Schutthaufen der wie die Knochenmasse eines Riesengerippes ausgestreckt da liegt. Wir schieden mit dem unangenehmen Gefühle, dass hier für den Zeichner gar nichts zu thun sey«. Erst 1812 gelang es dem Charles Robert Cockerell in mühsamer Arbeit, eine zwölfteilige Stützfigur – einen Telamon (Atlanten) von über 7 Meter Höhe – zeichnerisch zusammenzusetzen, und so den ersten entscheidenden Hinweis auf die Gestalt des Tempels zu geben. Zwischen 1817 und 1825 wurde auf Betreiben des örtlichen Cicerone Raffaello Politi im Inneren des Tempels ein Telamon zusammengelegt, der sich seit 1965 im Archäologischen Museum (Piero Griffo) befindet.

Telamoni Bleistiftzeichnung
Position eines Telamons zwischen zwei Säulen in der Seitenansicht. Bleistiftzeichnung. DAI Rom // M. Schützenberger

Die graphische Dokumentation der einzelnen Blöcke, aus denen sich die Telamoni zusammensetzen, zeigt, dass sie keineswegs einheitlich gearbeitet sind. Zwar ist die Höhe der 13 Blöcke mit 58-63 cm relativ einheitlich, so dass für einen Telamon eine Gesamthöhe von ca. 8,00 m angenommen werden kann. Das Volumen der einzelnen Telamoni ist jedoch sehr unterschiedlich, so dass man die einzelnen Blöcke, aus denen sie sich zusammensetzen, nicht willkürlich austauschen kann, wie es 1821 bei der ersten Rekonstruktion eines Telamon geschah, als man die Blöcke im Bereich der Beine mit einer Steinaxt anpasste. Insgesamt konnten 93 Teile von 5 verschiedenen Telamoni nachgewiesen werden.

Am 29. Februar 2024 wird im Archäologischen Park von Agrigent ein solcher Telamon eingeweiht. Er wird von einer Stahlkonstruktion getragen.

Nach einer Meldung des DAI Abteilung Rom

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