Seltener Merkurkopf aus Pfeifenton in Kent entdeckt

Bei Ausgrabungen auf dem Gelände der mittelalterlichen Werft in Kent stießen die Archäologen auch auf Hinweise einer römischen Siedlung. Zu den Funden aus der Siedlung, die zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert genutzt wurde, zählt auch der Kopf einer Figur des Gottes Merkur aus Pfeifenton, den Experten für „unglaublich selten“ halten.

Kopf es Merkur aus Pfeifenton, Fundort Kent
© National Trust Images – James Dobson

Smallhythe Place in Kent ist seit mehreren Jahren Gegenstand archäologischer Untersuchungen. Archäologen erforschen die Werft am Fluss Rother, die eines der bedeutendsten königlichen Schiffbauzentren im mittelalterlichen England war. Bei Ausgrabungen, die in den letzten drei Jahren stattfanden, hat man Hinweise auf mittelalterlichen Schiffbau und Schiffabwrackung aus dem 13. bis  15. Jahrhundert gefunden . Im Laufe der Zeit versandete das Gelände allmählich und die Industrie verfiel. Doch die Entdeckung einer bisher nicht dokumentierten römischen Siedlung hat die Experten begeistert.

Religion war in den meisten römischen Provinzen ein zentraler Bestandteil des täglichen Lebens, und Statuen sowie tragbare Götterfiguren wie die in Smallhythe entdeckte wurden sowohl von der römischen Elite als auch vom einfachen Bürger in ihren Häusern verehrt.

Figur des Merkur aus Pfeifenton in Großbritannien ist äußerst selten

Pfeifentonfiguren hat man aus Ton hergestellt, der in Zentralgallien (dem heutigen Frankreich) und der Rhein-Mosel-Region beheimatet ist. Die meisten in Großbritannien gefundenen Pfeifentonfiguren stellen weibliche Gottheiten dar, die Mehrheit davon ist die Venus. Merkur war der Gott aller schönen Künste sowie des Handels und des finanziellen Erfolgs. Obwohl er der häufigste Gott für Metallfiguren ist, sind Exemplare aus Pfeifenton äußerst selten: Aus dem römischen Großbritannien wurden bislang weniger als zehn Exemplare gefunden.

Nathalie Cohen, Archäologin des National Trust, erklärte: „Unsere Ausgrabungen in Smallhythe brachten bisher unentdeckte römische Aktivitäten aus dem 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. ans Licht. Dort fanden wir Fliesen mit dem Stempel der römischen Flotte (Classis Britannica), darunter auch Keramik.“ ein intakter Topf und Beweise für Gebäude, Grenzmerkmale und Gruben – die Hinweise auf die Natur dieser Flussufergemeinde liefern.

„Aber den Kopf einer Merkurfigur aus Pfeifenton zu finden, ist unglaublich selten. Der nur 5 cm große Kopf ist mit seinem geflügelten Kopfschmuck deutlich als Merkur zu erkennen. Den restlichen Teil der Figur konnten wir leider nicht finden. Die vollständige Figur dürfte Merkur stehend dargestellt haben, entweder mit einem Chlamys behängt oder nackt, einen Hermesstab haltend.“

Dr. Matthew Fittock, ein Experte für Keramikfiguren im römischen Großbritannien, kommentierte: „Pfeifentonfiguren wurden hauptsächlich von Zivilisten für die private religiöse Ausübung in häuslichen Schreinen und gelegentlich in Tempeln und den Gräbern oft kranker Kinder verwendet.“

„Anstatt Teile wegzuwerfen, weil sie zerbrochen waren, gibt es Hinweise darauf, dass das absichtliche Zerbrechen einiger Figurenköpfe eine wichtige rituelle Praxis war, während ganze Figuren normalerweise in Gräbern gefunden werden.“ In Großbritannien sind nur wenige einzelne Köpfe aus Pfeifenton bekannt, einige davon könnten Votivgaben gewesen sein. Funde wie dieser in Smallhythe bieten einen äußerst wertvollen Einblick in die religiösen Überzeugungen und Praktiken der kulturell gemischten Bevölkerung der römischen Provinzen.“

Nach einer Meldung des National Trust

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