Grab eines Arztes in Jászság gefunden

Schädel des Arztes aus Jászság.
Foto: ELTE

Archäologen der ELTE, des Jász-Museums und des Forschungsnetzwerks Eötvös Loránd fanden in der Nähe von Jászberény (in der Region Jászság/Jaszygia) das Grab eines Arztes, das seit fast 2.000 Jahren im Boden ruhte. Einzigartig für Ungarn ist auch der Fund medizinischer Geräte. Komplett erhaltenes Arztbesteck ähnlicher Bauart wurde bisher nur in Pompeji entdeckt.

Laut Radiokarbondatierung datiert das Grab in das 1. Jh. n. Chr. Die gefundenen Werkzeuge, die von außergewöhnlicher Qualität sind, wurden vor allem für die Heilung und chirurgische Eingriffe verwendet. Man geht davon aus, dass das 1. Jh. in Jászság eine Übergangszeit zwischen der sarmatischen Bevölkerung der Keltenzeit und der Römerzeit gewesen sein könnte. Daher ist es an sich schon erstaunlich, dass ein mit solch prestigeträchtiger Ausrüstung ausgestatteter Arzt diese Gegend besuchte. Die Archäologen gehen aktuell davon aus, dass der Arzt wahrscheinlich aus dem Imperium Romanum stammte oder dort seine Ausbildung erhielt. Wahrscheinlich reiste er nach Jászság, um jemanden zu retten.

Das medizinische Besteck war im Grab in Holzkisten, in der Nähe der Füße, deponiert worden. Neben Zangen, Nadeln, Pinzetten und hochwertigen, für chirurgische Eingriffe geeignete Skalpelle fand man auch Medikamentenrückstände. Die Skalpelle aus Kupferlegierung waren versilbert und mit austauschbaren Stahlklingen ausgestattet. Am Knie des Verstorbenen wurde ein Reibstein gefunden, der nach den Abriebspuren zu urteilen zum Mischen von Kräutern und anderen Medikamenten verwendet worden sein könnte.

Zu sehen ist medizinisches Besteck aus Jászság, dass von einem Mitarbeiter der Universität auf einem Tisch platziert wird.
Medizinisches Besteck (Foto ELTE).

Parallelen von chirurgischen Instrumenten sind aus weiten Teilen des Imperium Romanums bekannt. Eine genaue Parallele der Skalpelle findet sich in einer gallischen Fundstelle. Dennoch sind Funde dieser Art im Gebiet des ehemaligen Barbaricum äußerst selten. Die Bedeutung des Fundes wird dadurch unterstrichen, dass es sich – gemessen an der Ausstattung – um ein für die damalige Zeit vollständiges medizinisches Set handelt.

Nach einer Pressemeldung der ELTE

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