Ausstellung: Sardinien. Insel der Megalithen

Zum ersten Mal steht die antike megalithische Kultur Sardiniens im Fokus eines europaweiten Ausstellungsprojekts namens „Sardinien. Insel der Megalithen – Von Menhiren und Nuraghen: Geschichten in Stein aus dem Herzen des Mittelmeers“. Die heute zu Italien gehörende Mittelmeerinsel hat vom Neolithikum bis weit in die Eisenzeit hinein die einzigartige Nuraghen-Zivilisation hervorgebracht, die bis heute Gegenstand archäologischer Forschungen ist. Für die Ausstellung, die ihren Start in Berlin hat und nach St. Petersburg, Thessaloniki und Neapel weiterreist, werden zahlreiche hochrangige Leihgaben erstmals Sardinien verlassen.

Dolmen di Ladas, Luras, Sardinien, © Teravista di Giovanni Alvito
Dolmen di Ladas, Luras, Sardinien, © Teravista di Giovanni Alvito

Faszinierende Objekte aus Sardinien

Vom 1. Juli bis 30. September 2021 werden im Vaterländischen Saal und im Troja-Saal des Neuen Museums rund 200 Objekte die faszinierende wie rätselhafte Nuraghen-Kultur zum Leben erwecken. So zeigt die Ausstellung neben einer der monumentalen 1,90 Meter großen und 300 kg schweren Sandsteinstatuen der Krieger von Mont’e Prama auch die in auch die in Kalksteinfelsen gehauenen Kammergräber, die in der sardischen Sprache als „Domus de Janas“ („Häuser der Feen oder der Hexen“) bekannt sind. Ebenfalls zu sehen ist das Heiligtum von Monte d’Accoddi, ein im Mittelmeerraum einzigartiger Altar der Kupferzeit, genauso wie die ikonischen Statuetten der „Muttergöttinnen“ und weitere Votivstatuetten aus Bronze, die Frauen, Männer, Krieger und Tiere darstellen. Einige dieser Statuetten haben eine konische Kopfbedeckung, die mit ihrer Form an den berühmten Berliner Goldhut erinnern, der ebenfalls aus dieser Zeit stammt, jedoch im süddeutschen Raum nördlich der Alpen gefunden wurde und wahrscheinlich in einem religiösen Kontext steht.

Gigant vom Mont'e Prama, Sandstein, Fundort Cabras (Oristano, Sardinien), 9.-7- Jhr. v. Chr., © Museo archeologico nazionale Cagliari
Gigant vom Mont’e Prama, Sandstein, Fundort Cabras (Oristano, Sardinien), 9.-7- Jhr. v. Chr., © Museo archeologico nazionale Cagliari
Statuette einer sitzenden Frau mit ihrem Sohn, Bronze, Fundort Santa Vittoria di Serri, Sardinien, Eisenzeit, © Museo archeologico nazionale Cagliari
Statuette einer sitzenden Frau mit ihrem Sohn, Bronze, Fundort Santa Vittoria di Serri, Eisenzeit, © Museo archeologico nazionale Cagliari

Die Nuraghen-Kultur

Die antike megalithische Kultur prägt mit ihren Zeugnissen und Überresten die sardische Landschaft bis heute. Einzigartig sind die sogenannten Nuraghen, ab ca. 1600/1800 v. Chr. in großer Zahl aus Basalt-, Trachyt- und Granitblöcken erbaute Rundbauten, die der Kultur auch ihren Namen gaben. Die Funktion dieser stets im gleichen Design gehaltenen Türme mit Säulenumgängen gibt der Forschung bis heute Rätsel auf. Mit zahlreichen im Umkreis der Nuraghen gefundenen Objekten und weiteren wichtigen Funde aus den archäologischen Sammlungen von Cagliari, Nuoro und Sassari gibt die Ausstellung einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und vermittelt den Besucher*innen die Nuraghen-Kultur multimedial mit maßstabsgetreuen Modellen und 3D-Rekonstruktionen. Komplettiert wird sie durch ausgewählte Bestände des Museums für Vor- und Frühgeschichte – darunter ein Ochsenhautbarren, der zwar im östlichen Mittelmeerraum gefunden wurde, aber deren Verbreitungsgebiet auch auf Sardinien belegbar ist und eine frühe Form von normiertem Handelsgut darstellt.
Mit der Ankunft der Phönizier und der Gründung der phönizischen Siedlungen an den Küsten Sardiniens im 9. Jahrhundert v. Chr. wurde das Ende der Nuraghen-Kultur eingeläutet. Die Eroberung der Insel durch die Karthager zum Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. und später die Eroberung durch die Römer im Jahr 238 v. Chr. besiegelten das Ende der ursprünglichen Kulturen Sardiniens.

Nuraghe Su Mulinu, Villanovafranca, Sardinien, © Teravista di Giovanni Alvito
Nuraghe Su Mulinu, Villanovafranca, Sardinien, © Teravista di Giovanni Alvito

Coronabedingt kann sich die geplante Laufzeit der Ausstellung kurzfristig ändern. Der Besuch ist derzeit ohne tagesaktuelles, negatives Schnelltestergebnis möglich. Zeitfenstertickets sollten weiterhin vorab online gebucht werden.

Nach einer Pressemeldung der Staatlichen Museen zu Berlin

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