Neue Kultstätten in Entella (Sizilien) entdeckt

Die neuen Forschungen, die von den Professoren Anna Magnetto von der Scuola Normale und Cecilia Parra von der Universität Pisa geleitet werden, haben an zwei Knotenpunkten der antiken Stadt Entella Gebäude, Geräte und Materialien gefunden, die von Kulten, Riten und heiligen Orten zeugen.

Überreste von Steinmauer auf einem Hochplateau
Rocca di Entella von Nordwesten, die antiken Gebäude werden teilweise von mittelalterlichen Strukturen überdeckt (Foto: Scuola Normale Superiore, Pisa)

Die archäologischen Untersuchungen des SAET-Labors (Labor für Geschichte, Archäologie, Epigraphik und Tradition des Altertums) auf der Rocca di Entella, in der Gemeinde Contessa Entellina (Palermo), wurden am 7. Oktober beendet. Die Forschungen unter der Leitung des Archäologischen Parks von Segesta, geführt von dem Archäologen Luigi Biondo, wurden im Jahr 2020 wiederaufgenommen und sind Teil einer langen archäologischen Aktivität, die die Scuola Normale seit 1985 an diesem Ort betreibt.

Unter der Leitung der Professoren Anna Magnetto von der Scuola Normale und Cecilia Parra von der Universität Pisa wurden zwei Bereiche untersucht: der monumentale Komplex im östlichen Tal der Festung und die antiken Gebäude, die vor dem mittelalterlichen Palast im südlichen Teil der Stadt standen.

Zu sehen sind Öllämpchen und Phialen aus Ton sowie ein Alabastron aus Gips
Rocca di Entella, Votivdepo mit Öllämpchen und einem Alabastron (Foto: Scuola Normale Superiore, Pisa)

Die Göttinnen Demeter und Kore werden im städtischen Heiligtum des östlichen Talkessels, das auf vier Terrassen angeordnet ist, immer deutlicher greifbar. Die Gliederung des Komplexes erinnert an architektonische Formen für Freiluftrituale, wie sie für chthonische Kulte typisch sind. Vor dem Tempel auf der zweiten Terrasse endeten die thesmophorischen Fruchtbarkeitsfeste für die Frauen.

Auf der unteren Terrasse des Komplexes brachten die jüngsten Untersuchungen verschiedene Votivdepots mit Keramik ans Tageslicht, die zwischen dem 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. bei Opfern und rituellen Mahlzeiten verwendet wurden.  Von großem Interesse unter den kultischen Geräten sind zwei runde Becken (megara), in denen während der entscheidenden Phase der Riten für Demeter die Föten von Ferkeln deponiert wurden. Deren Überreste, vermischt mit Getreide stellen das finale Opfer für die Göttin dar, um die Fruchtbarkeit der Gläubigen und der Felder zu erbitten.

Das Sakrale geht auch aus den hellenistischen Bauten hervor, die im Bereich des mittelalterlichen befestigten Palastes ans Licht kamen. Es handelt sich um einen monumentalen Komplex auf zwei Ebenen: Die obere Ebene ist heute von mittelalterlichen Gebäuden bedeckt, während die untere Ebene in mehrere Räume unterteilt ist, die sich entlang einer großen Terrassenwand erstrecken und zum Tal hin offen sind.

Votivdepo mit Webgewischten, Öllämpchen und zwei Terrakottastatuetten
Rocca di Entella, Votivdepo mit Öllämpchen, Webgewichen und zwei Terrakotten (Foto: Scuola Normale Superiore, Pisa)

Vor allem im südlichen Teil wurde eine regelmäßige Reihe von kleinen Vertiefungen freigelegt, die Materialien enthielten, die für das Ritual verwendet wurden – kleine Becher, Öllampen, Feuertöpferwaren – oder auf individuelle Andachtsakte zurückzuführen waren. So zum Beispiel ein kalkhaltiger Alabastron, Webstuhlgewichte verschiedener Form, und Tonfiguren: einen Doppel-Aulus-Spieler und eine Figur der Athene, die durch die Aegis auf ihren Schultern gut gekennzeichnet ist. Es handelt sich um die Überbleibsel von Ritualen, die in Entella zwischen dem 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. anlässlich wiederkehrender Feste oder eher als persönliche Andachtsbekundungen von Einzelpersonen oder Familiengruppen stattfanden.

Wenn Demeter und Kore im Monumentalkomplex des östlichen Tals gleichbedeutend sind, werden die Gottheit(en), die im Gipfelbereich der Rocca di Entella verehrt wurden, durch eine künftige Gesamtdeutung der architektonischen Formen, der kultischen Anordnungen und des Opferritus besser definiert werden können.

Cesare Cassanelli, Alessandro Corretti, Pietro Manti, Chiara Michelini, M. Adelaide Vaggioli, Studenten und Doktoranden der Università Normale und der Universitäten von Pisa und Padua nahmen an der archäologischen Kampagne teil, die in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung von Contessa Entellina durchgeführt wurde.

Nach einer Pressemeldung der Scuola Normale Superiore (Pisa)

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