Projekt „Horsepower“ – Pferde als Wirtschaftsfaktor im alten China

Die Universität Bonn erforscht die Rolle von Pferden in China und der Mongolei. In Zusammenarbeit mit der Universität Oxford, dem CNRS Toulouse und dem British Museum untersuchen Archäologinnen der Uni Bonn in dem Projekt „Horsepower“ die Wechselbeziehungen zwischen sesshaften und nomadischen Völkern.

Privatdozentin Dr. Ursula Brosseder von der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie der Universität Bonn ist begeistert von der Möglichkeit, mit dem ERC-Synergy-Grant-Projekt „Horsepower“ die Archäologie der osteurasischen Steppe zu beleuchten. „Unser Projekt erforscht auf einzigartige Weise zwei sehr unterschiedliche kulturelle Systeme und ihre gegenseitigen Abhängigkeiten und wird zeigen, wie entscheidend diese für unser Verständnis der Staatsbildung waren“, sagt die Wissenschaftlerin.

Wüstenlandschaft mit einem Grabhügel umgeben von vielen kleinen Hügeln
Ein zentrales Menschengrab in der Mongolei, das von Tausenden Satellitenhügeln umgeben ist, von denen jeder Teile eines geopferten Pferdes enthält. (Foto: J. Gantulga)

Das Projekt „Horsepower“ besteht aus einem internationalen Forschungsteam der Universität Oxford (Prof. Chris Gosden, Archäologie), des CNRS Toulouse (Prof. Ludovic Orlando, Pferdegenetik), des British Museum (Dr. Ruiliang Liu, Metallurgie) und der Universität Bonn um Ursula Brosseder. Die Forschenden untersuchen die Wechselbeziehungen zwischen Viehzüchtern der östlichen Steppe Eurasiens und sesshaften Gesellschaften Chinas.

Ziel ist es, die erste ganzheitliche Darstellung der materiellen Grundlage für zwei große Reiche zu erarbeiten: die Xiongnu in der Mongolei und die Qin in China. Die Xiongnu entstanden 209 v. Chr. und gründeten das erste einer Reihe von Steppenreichen bis zum Aufstieg der Mongolen 1400 Jahre später. Die Qin übernahmen China 221 v. Chr. und lieferten das Modell für den bürokratischen chinesischen Staat bis heute. Beide entwickelten sich durch lokale historische Kräfte, aber auch in Wechselwirkung miteinander. Die Kernhypothese lautet, dass Pferde aus der Steppe nach Süden in das Reich der Mitte gebracht und gegen Bronze aus China getauscht wurden. Pferde waren als Element militärischer Macht von entscheidender Bedeutung, aber auch ein zentrales Element bei rituellen Praktiken.

Gemeinsam mit den Partnern von der National University der Mongolei und dem First Emperor Mausoleum Museum in China erforscht das Team von „Horsepower“ mit gezielten Ausgrabungen in der Mongolei und in China, unter anderem im Komplex des ersten Kaisers von China, die Geschichte der Opferökonomie zwischen 1500 und 0 v. Chr. Das Team nutzt dabei die Genetik, um das Management von Pferdeherden sowie den Austausch von Pferden zu untersuchen, die Metallurgie, um Einblicke in Produktion, Recycling und Tausch von Bronzen zu gewinnen, und die Archäologie, um Grablegen zu untersuchen, die Einblicke in die Kosmologie und das rituelle System gewähren.

Dr. Ursula Brosseder von der Universität Bonn leitet gemeinsam mit Prof. Turbat von der National University Mongolia die Ausgrabungen und deren Auswertung in der Mongolei. Darüber hinaus untersucht ihr Team die Beteiligung verschiedener Gruppen Nordchinas am Austausch zwischen China und der Steppe. Von den mehr als zehn Millionen Euro Fördermitteln, fließen 2,6 Millionen Euro an die Forschenden aus Bonn.

Nach einer Pressemeldung der Universität Bonn.

Cover der AiD 6/22, berittener Krieger

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