Inschrift über Erweiterung des Pomeriums entdeckt

Eine seltene Travertin-Inschrift, die noch eingebettet im Boden gefunden wurde, zeugt von der Geschichte und vor allem von der Entwicklung der Stadt Rom und deren Ausbau. Der Fund wurde während den Ausgrabungen für die Sanierung im Zuge des Projekts zur Neugestaltung der Piazza Augusto Imperatore (Gewinner des internationalen Wettbewerbs im Jahr 2006 und präsentiert von der Gruppe unter der Leitung von Architekt Francesco Cellini) entdeckt. Dank der Beschriftung kann der Gedenkstein mit absoluter Sicherheit in die Regierungszeit des Kaisers Claudius datiert werden. Die Inschrift weist auf die von ihm 49 n. Chr. durchgeführte Vergrößerung des Pomeriums hin.

Der Stein (193 cm x 74,5 cm x 54 cm) wurde während einer eingehenden Studie für den Bau des neuen Abwassersystems des Platzes gefunden und kann nun in der Sala Paladino des Ara Pacis Museums bewundert werden, wo sich ebenfalls ein Abguss der Statue des Kaisers Claudius befindet. Dadurch wird für seine Erhaltung gesorgt und es wird gleichzeitig der Öffentlichkeit ermöglicht, den neuen Fund zu sehen während er auf seinen endgültigen Standort in den Museumsräumen des Augustusmausoleums wartet.

Das Foto zeigt die gesäuberte Inschrift in Fundlage. Der obere Teil des Steins ist abgebrochen. In der zweitletzten Zeile verweisen die Worte FINIBUS POMERIUM auf die Erweiterung des Pomeriums hin.
Die gesäuberte Inschrift in Fundlage (Foto: Ara Pacis Museum, Rom).

„Rom hört nie auf, zu überraschen und zeigt sich immer wieder mit neuen Schätzen. Dies ist ein außergewöhnlicher Fund: Im Laufe der Zeit wurden nur zehn weitere Inschriften aus der Zeit des Claudius, und der bisher letzte wurde 1909 gefunden, so dass dies ein einzigartiger Fund ist. Mit der Wiedereröffnung des Mausoleum des Augustus im März 2021, und mit den Arbeiten auf der Piazza Augusto wird ganze Gebiet wieder zum Leben erweckt. Auf diese Weise wird ein zentraler Quadrant unserer Stadt komplett renoviert“, sagte Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi.

Die Stratigraphie, die auf der Piazza zu Tage kam zeigt seine fortschreitende Auslöschung durch den Anstieg der Besiedlungsrate. Das Pomerium war die heilige Grenze, die die Stadt (urbs) im engeren Sinne vom Außengebiet (ager) trennte.

Aufgrund seiner Wichtigkeit und Bedeutung wurde das Pomerium nur sehr selten verändert. Seneca, der über die Vergrößerung unter Claudius berichtet, erwähnt Sulla als einzigen Präzedenzfall. Tacitus erwähnt auch Julius Caesar. Andere Quellen erwähnen Erweiterungen durch Augustus, Nero, Trajan und Aurelian. Der Autor der Änderungen, in diesem Fall Kaiser Claudius, stellt sich selbst als „Neugründer“ der Stadt dar. Er beansprucht die Ausdehnung der Grenzen des stadtrömischen Volkes und definiert somit nicht nur das Territorium neu sondern ermöglicht Archäologen auch einen Einblick in seine Philosophie, Strategie und sogar seinen Ehrgeiz.

Obwohl der obere Abschnitt der Inschrift abgebrochen ist, ermöglicht die Serialität offiziellen römischer Inschriften die Rekonstruktion des fehlenden Teils. Claudius wird nach der rituellen Formel mit seinem Titel und seinen Ämtern angesprochen und beansprucht die Vergrößerung des Pomeriums. Es findet sich keine Erwähnung der eroberten Gebiete – etwa durch Ehrentitel –, sondern lediglich die Betonung, dass die Grenzen des stadtrömischen Volkes vergrößert werden. Dies bedeutet also die Vergrößerung der physischen Grenze, kann aber auch auf die Vergrößerung der Bürgerschaft im Zusammenhang mit der Ausweitung des römischen Bürgerrechts auf die Eliten (primores) Galliens hinweisen.

Der Ausdruck ist absichtlich zweideutig. In jedem Fall deutet die Verbreiterung des Pomeriums auf eine Erweiterung der Vision der Urbs hin. Claudius greift ein den Raum der Stadt durch eine Aktion mit starkem religiösen, politischen und symbolischen Wert ein. Der von Claudius durchgeführte Eingriff am Pomerium ist der einzige, der sowohl epigraphisch als auch in der Literatur bezeugt ist. Die epigraphischen Funde zeugen zudem von zwei Eingriffen, die von Vespasian und Titus 75 n. Chr. und von Hadrian 121 n. Chr. durchgeführt wurden. Diese werden aber von den literarischen Quellen völlig ignoriert. Die Außergewöhnlichkeit des Fundes bietet neue Erkenntnisse über das Pomerium und auch über die Existenz oder Nicht-Existenz des ius proferendi pomerii. Allgemeiner gesagt, über die Werte, die die Römer dem „Raum“ zuschrieben.

Nach einer Pressemeldung des Ara Pacis Museums

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