Forscher rekonstruieren antiken Silberhandel

Wissenschaftler haben den Silberhandel im östlichen Mittelmeerraum in einem Zeitraum beginnend mit dem Trojanischen Krieg bis zur Zerstörung des Salomonischen Tempels in Jerusalem rekonstruiert. Das Team aus französischen, israelischen und australischen Wissenschaftlern und Numismatikern fand geochemische Beweise dafür, dass der Silberhandel aus der Zeit vor der Münzprägung während der späten Bronze- und Eisenzeit im gesamten Mittelmeerraum fortgesetzt wurde, wobei das Angebot nur gelegentlich nachließ. Das Silber wurde aus dem gesamten nordöstlichen Mittelmeerraum und sogar von der Iberischen Halbinsel bezogen.

Das Team nutzte eine hochpräzise Isotopenanalyse, um die Erzquellen der winzigen Bleispuren zu identifizieren, die im Hacksilber gefunden wurden. Hacksilber bezeichnet unregelmäßig geschnittene Silberbarren, einschließlich zerbrochener Stücke von Silberbarren und Schmuck. Dieses diente in der südlichen Levante vom Beginn des 2. Jts. bis zum 4. Jh. v. Chr. als Zahlungsmittel. Es wurde bei lokalen und internationalen Transaktionen verwendet und sein Wert wurde durch Wiegen auf einer Waage mit standardisierten Gewichten bestimmt. Es wurde, bestätigt durch archäologische Ausgrabungen, normalerweise in der Region in Keramikbehältern aufbewahrt und musste importiert werden, da es in der Levante kein Silber zu fördern gab.

Das Bild zeigt einen Hortfund bestehend aus Hacksilber, das für den Silberhandel verwendet wurde. Dieses besteht aus mehreren unterschiedlichen geformten Silberstücken, darunter dünne Metallplättchen und Fragmente von Ringen oder Henkeln.
 Ein Hacksilber-Hort, datiert auf die Mitte des 11. Jhs. v. Chr., gefunden von der Leon-Levy-Expedition in Aschkelon. Photo © The Israel Museum, by Haim Gitler and © Israel Antiquities Authority, by Clara Amit.

Bei der Präsentation der Forschungsergebnisse auf der Goldschmidt-Konferenz für Geochemie sagte Dr. Liesel Gentelli: „Schon vor der Münzprägung gab es internationalen Handel, und Hacksilber war eine der Waren, die gegen Güter getauscht wurden“.

Das Team analysierte Hacksilber von 13 verschiedenen Fundorten aus der Zeit von 1300 v. Chr. bis 586 v. Chr. in der südlichen Levante, dem heutigen Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten. Zu den Proben gehörten Funde aus ‚En Gedi, Ekron und Megiddo (auch bekannt als Armageddon). Sie glichen ihre Funde mit Erzproben ab und konnten zeigen, dass der größte Teil des Hacksilbers aus der südlichen Ägäis und dem Balkan (Mazedonien, Thrakien und Illyrien) stammt. Ein Teil stammte auch aus Sardinien und Spanien.

Die leitende Forscherin Liesel Gentelli (École normale supérieure de Lyon, Frankreich) sagte: „Frühere Forscher glaubten, dass der Silberhandel nach dem gesellschaftlichen Zusammenbruch am Ende der späten Bronzezeit zum Erliegen gekommen war, aber unsere Forschung zeigt, dass der Austausch vor allem zwischen der südlichen Levante und der ägäischen Welt nie aufgehört hat. Die Menschen rund um das östliche Mittelmeer blieben miteinander verbunden. Es ist wahrscheinlich, dass das Silber durch Handel oder Plünderungen in die Levante floss.
Wir sehen Perioden der Silberknappheit um die Zeit des Übergangs von der Bronze- zur Eisenzeit, etwa 1300−1100 v. Chr. Einige Horte aus dieser Zeit zeigen, dass das Silber einen ungewöhnlich hohen Kupfergehalt aufweist, der hinzugefügt wurde, um den Mangel an Silber auszugleichen.
Wir können unsere Erkenntnisse über den Silberhandel nicht bestimmten historischen Ereignissen zuordnen, aber unsere Analyse zeigt die Bedeutung des Hacksilberhandels von der Zeit vor dem Trojanischen Krieg, den einige Gelehrte auf das frühe 12. Jh. v. Chr. datieren, über die Gründung Roms im Jahr 753 v. Chr. bis zum Ende der Eisenzeit im Jahr 586 v. Chr., das durch Nebukadnezars Zerstörung des Salomonischen Tempels in Jerusalem gekennzeichnet ist. Danach sehen wir die allmähliche Einführung des Münzwesens, zunächst als Funde mehrerer archaischer Münzen und später als Übergang zu einer Geldwirtschaft in der südlichen Levante um 450 v. Chr., die den Handel mit Hacksilber weniger relevant machte. Diese Arbeit zeigt jedoch die anhaltende und entscheidende wirtschaftliche Rolle, die Hacksilber in der Wirtschaft der Bronze- und Eisenzeit spielte“.

| Nach einer Pressemeldung der Goldschmidt Conference

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