„Superhighways“zur Besiedlung Australiens

Der beste Weg durch die Wüste ist selten der direkteste. Für die ersten menschlichen Bewohner von Sahul war das Zelten an der nächsten Wasserquelle oder dem nächsten Felsenunterschlupf eine Möglichkeit, um hunderte von Generationen lang zu überleben. Sie nutzten sogenannte „Superhighways“.

Die indigenen „Superhighways des alten Australiens. CREDIT: MEGAN HOTCHKISS DAVIDSON/SANDIA NATIONAL LABORATORIES

Sahul war der Superkontinent, der dem heutigen Australien und Neuguinea zugrunde liegt. Diejenigen, die die Landmarken erfolgreich überquerten, bahnten sich ihren Weg über den Kontinent. Sie breiteten sich nach ihrer Landung im Nordwesten über den Kontinent aus, um so in alle Ecken Australiens und Neuguineas vorzudringen.

Kartierung der „Superhighways“ durch Sahul

So konnten Forschende durch die Simulation der Physiologie und der Entscheidungen der frühen Wanderer die wahrscheinlichen „Superhighways“ kartieren. Diese Routen führten zur ersten Besiedlung des australischen Kontinents vor etwa 50.000-70.000 Jahren. Rekonstruiert hat das ein internationales Team aus Archäologen, Geographen, Ökologen und Informatikern. Ihrer Studie ist die größte Rekonstruktion eines Netzwerks menschlicher Migrationswege in eine neue Landschaft. Allerdings ist sie ist die erste, die eine rigorose Computeranalyse auf kontinentaler Ebene anwendet und 125 Milliarden mögliche Pfade testet.

„Wir fanden es interessant, diese Frage der menschlichen Migration zu untersuchen. Da man annehmen kann, dass die Art und Weise, wie wir eine Landschaft konzeptualisieren, für einen Wanderer im 21. Jahrhundert und eine Person, die vor 70.000 Jahren in eine neue Region gewandert ist, relativ gleich sein sollte.“, sagt die Archäologin und Computer-Sozialwissenschaftlerin Stefani Crabtree, die die Studie leitete. „Dadurch das es sich um eine neue Landschaft handelt und wir keine Karte haben, werden wir wissen wollen, wie wir uns effizient durch einen Raum bewegen können, wo wir Wasser finden und wo wir kampieren können – und wir werden uns anhand von hohen Punkten im Land orientieren.“

„Eine der wirklich großen unbeantworteten Fragen der Prähistorie ist, wie Australien in der fernen Vergangenheit besiedelt war. Gelehrte diskutieren darüber seit mindestens hundertfünfzig Jahren“, sagt Co-Autor Devin White, ein Archäologe und Fernerkundungswissenschaftler bei den Sandia National Laboratories. „Es ist das größte und komplexeste Projekt dieser Art, mit dem ich mich je befasst habe.“

Damit die Wanderungen durch Sahul nachgestellt werden konnten, mussten die Forscher zunächst die Topographie des Superkontinents simulieren. Sie „entwässerten“ die Ozeane, die heute das australische Festland von Neuguinea und Tasmanien trennen. Dann rekonstruierten sie anhand hydrologischer und paläogeografischer Daten Binnenseen, große Flüsse, Felsvorsprünge und Gebirgszüge. Diese Landschaftsmarken hätten den Blick eines wandernden Menschen angezogen.

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Simulation mit Algorithmen

Als Nächstes programmierten die Forscher In-silico-Vorbilder für die menschlichen Reisenden. Das Team adaptierte einen Algorithmus namens „From Everywhere to Everywhere“. White entwickelte ihn, um die Wegweiser auf der Grundlage des Kalorienbedarfs einer 25-jährigen Frau zu programmieren, die 10 kg Wasser und Werkzeuge trägt.

Die Forscher gaben diesen Personen das Ziel vor, am Leben zu bleiben, was diese durch das Auffinden von Wasserquellen erreichten. Wie Wanderer im Hinterland wurden die digitalen Reisenden von markanten Landmarken wie Felsen und Ausläufern angezogen. Jedoch verlangte das Programm einen kalorischen Tribut für Aktivitäten wie das Berg wandern innerhalb der künstlichen Landschaft.

Als die Forscher die Wegsucher an zwei Punkten an der Küste des nachgebildeten Kontinents „landeten“, begannen sie, diesen zu durchqueren und anhand von Landmarken auf der Suche nach Süßwasser zu navigieren. Die Algorithmen simulierten unglaubliche 125 Milliarden mögliche Wege, die auf einem Sandia-Supercomputer liefen, und es zeigte sich ein Muster: Die am häufigsten befahrenen Routen bildeten ausgeprägte „Superhighways“ quer über den Kontinent, die eine bemerkenswerte ringförmige Straße um den rechten Teil Australiens bildeten; eine westliche Straße; und Straßen, die den Kontinent durchqueren. Eine Teilmenge dieser Superhighways führt zu archäologischen Orten, an denen frühe Felszeichnungen, Holzkohle, Muscheln und Quarzwerkzeuge gefunden wurden.

Wasserquellen als entscheidendes Routenmerkal

„Australien ist nicht nur der trockenste, sondern auch der am flachsten besiedelte Kontinent der Erde“, sagt Co-Autor Sean Ulm. „Unsere Forschung zeigt, dass markante Landschaftsmerkmale und Wasserquellen für die Menschen entscheidend waren, um auf dem Kontinent zu navigieren und zu überleben. In vielen Aborigine-Gesellschaften ist bekannt, dass Landschaftsmerkmale von den Ahnen während des Träumens geschaffen wurden. Jeder Bergrücken, jeder Hügel, jeder Fluss, jeder Strand und jede Wasserquelle wird benannt, mit Geschichten versehen und in die Struktur der Gesellschaften eingeschrieben, was die enge Beziehung zwischen Menschen und Ort unterstreicht. Die Landschaft ist buchstäblich in das Leben der Menschen und ihre Geschichte eingewoben. Es scheint, dass diese Beziehungen zwischen Menschen und Land wahrscheinlich auf die früheste Besiedlung des Kontinents zurückgehen.“

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es grundlegende Regeln gibt, denen Menschen folgen, wenn sie in neue Landschaften ziehen, und dass der Ansatz der Forscher Licht auf andere große Migrationen in der Menschheitsgeschichte werfen könnte, wie etwa die ersten Migrationswellen aus Afrika vor mindestens 120.000 Jahren.

Zukünftige Arbeiten könnten die Suche nach unentdeckten archäologischen Orten unterstützen oder sogar die Techniken zur Vorhersage menschlicher Migrationsbewegungen in der nahen Zukunft anwenden, wenn Bevölkerungen vor ertrinkenden Küsten und Klimastörungen fliehen.

Nach Pressemeldung des SANTA FE INSTITUTE.

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