Römische Forts mithilfe von Spionagesatelliten entdeckt

Eine Analyse freigegebener Satellitenaufnahmen aus dem Kalten Krieg identifiziert 396 römische Forts, die sich von Syrien bis in den Irak erstrecken.

Das Römische Reich errichtete Forts entlang des nördlichen fruchtbaren Halbmondes, heute im westlichen Syrien bis in den nordwestlichen Irak. In den 1920er Jahren dokumentierte Antoine Poidebard 116 römische Forts in der Region. Seine Luftaufnahmen gehörten zu den weltweit ersten, die mit einem Flugzeug aus dem Ersten Weltkrieg aufgenommen wurden. Poidebard berichtete, dass die Forts von Norden nach Süden errichtet wurden, um eine östliche Grenze des Römischen Reiches zu etablieren.

Eine Auswahl von Poidebards Luftaufnahmen: A) Fort bei Qreiye; B) römisches Fort und mittelalterliche Karawanserei bei Birke; C) Fort bei Tell Zenbil; und D) Castellum bei Tell Brak
Eine Auswahl von Poidebards Luftaufnahmen: A) Fort bei Qreiye; B) römisches Fort und mittelalterliche Karawanserei bei Birke; C) Fort bei Tell Zenbil; und D) Castellum bei Tell Brak, Abbildung: A. Poidebard.

Neue Erkenntnisse anhand alter Aufnahmen

Eine neue Studie der Dartmouth Universität, die freigegebene Satellitenbilder aus dem Kalten Krieg analysiert, enthüllt 396 bislang undokumentierte römische Forts. Die Wissenschaftler stellen fest, dass diese von Ost nach West erbaut wurden. Somit widerlegt die Analyse Poidebards Behauptung, dass die Forts entlang einer Nord-Süd-Achse angeordnet waren. Stattdessen zeigt die Studie, dass die Forts von Mosul am Tigris bis nach Aleppo im westlichen Syrien reichten. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Antiquity“ veröffentlicht.

„Mich hat überrascht, so viele Forts zu finden und dass sie auf diese Weise verteilt waren, da die herkömmliche Meinung war, dass diese Forts die Grenze zwischen Rom und seinen Feinden im Osten, wie Persien oder den arabischen Armeen, bildeten“, erläutert der Hauptautor Jesse Casana, Professor im Fachbereich Anthropologie und Leiter des Labors für räumliche Archäometrie an der Dartmouth Universität. „Obwohl es viele historische Debatten dazu gegeben hat, wurde bisher weitgehend angenommen, dass diese Verteilung real war und dass Poidebards Karte zeigte, dass die Forts die Grenze markierten und auf irgendeine Weise die Bewegung darüber verhinderten.“

Castellum bei Tell Brak: A) CORONA (1967); B) CORONA (1968); C) HEXAGON (1974); und D) moderne Satellitenaufnahmen (© ESRI und Maxar Technologies)
Castellum bei Tell Brak: A) CORONA (1967); B) CORONA (1968); C) HEXAGON (1974); und D) moderne Satellitenaufnahmen (© ESRI und Maxar Technologies), Abbildung: J. Casana et al., CORONA- und HEXAGON-Aufnahmen mit freundlicher Genehmigung des US Geological Survey.

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Römische Forts auf etwa 300.000 Quadratkilometern Satellitenbildern

Für die Studie griff das Team auf Satellitenaufnahmen von 1960 bis 1986 zurück, die aus der Zeit des Kalten Krieges stammen. Die meisten dieser Aufnahmen sind Teil des Open-Access CORONA-Atlasprojekts. Anhand dessen entwickelten Casana und seine Kollegen entwickelten bessere Methoden zur Korrektur der Daten und machten sie online verfügbar.

Die Forscher untersuchten Satellitenaufnahmen von etwa 300.000 Quadratkilometern des nördlichen fruchtbaren Halbmondes. Dies ist eine Region, an dem Stätten besonders gut sichtbar und archäologisch bedeutsam sind, so Casana. Das Team kartierte 4.500 bekannte Fundorte und dokumentierte systematisch alle Orte mit ähnlichen Merkmalen in jedem der etwa 5 x 5 km großen Untersuchungsraster, was zur Identifizierung von 10.000 unentdeckten Stätten in der Datenbank führte.

Verteilungskarten der von Poidebard (oben) dokumentierten römischen Forts im Vergleich zur Verteilung der auf Satellitenaufnahmen gefundenen Forts (unten)
Verteilungskarten der von Poidebard (oben) dokumentierten römischen Forts im Vergleich zur Verteilung der auf Satellitenaufnahmen gefundenen Forts (unten), Abbildung: J. Casana et al.

Zur Bewegung von Truppen, Vorräten und Handelsgütern

Casana entwickelte eine Datenbank mit morphologischen Kategorien auf der Grundlage der verschiedenen in den Aufnahmen sichtbaren Merkmale, die es den Forschern ermöglichen, Abfragen durchzuführen. Eine der Kategorien waren Poidebards Forts – charakteristische Quadrate von etwa 50 x 100 m, etwa halb so groß wie ein Fußballfeld. Die Forts wären groß genug gewesen, um Soldaten, Pferde und/oder Kamele unterzubringen. Basierend auf den Satellitenaufnahmen hatten einige der Forts Wachtürme an den Ecken oder Seiten. Sie wurden aus Stein und Lehmziegeln oder ausschließlich aus Lehmziegeln gefertigt. In letzterem Fall wären diese nicht permanenten Strukturen schließlich im Boden verschmolzen.

Die meisten Forts, die Poidebard dokumentiert hatte, wurden vermutlich zwischen den 1920er und 1960er Jahren durch Landwirtschaft, Landnutzung oder andere Aktivitäten zerstört oder verdeckt. Dennoch konnte das Team 38 der 116 von Poidebards Forts finden und zusätzlich 396 weitere identifizieren. Von diesen 396 Forts befanden sich 290 in der Untersuchungsregion und 106 in Westsyrien. Zudem identifizierte das Team auch Forts mit Innenarchitekturmerkmalen und solche, die um eine aufgeschüttete Zitadelle herum gebaut wurden.

„Unsere Beobachtungen sind ziemlich aufregend und stellen nur einen Bruchteil von dem dar, was in der Vergangenheit existiert haben könnte“, sagt Casana. „Aber unsere Analyse unterstützt weiterhin die Annahme, dass die Forts wahrscheinlich dazu dienten, die Bewegung von Truppen, Vorräten und Handelsgütern in der Region zu unterstützen.“

Neben Jesse Casana trugen David Goodman und Carolin Ferwerda ebenfalls zur Studie bei: Casana, J., Goodman, D., & Ferwerda, C. (2023). A wall or a road? A remote sensing-based investigation of fortifications on Rome’s eastern frontier. Antiquity, 1-18. doi:10.15184/aqy.2023.153

Nach einer Meldung auf EurekAlert

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