Althebräische Fluchtafel vom Berg Ebal

Die Associates for Biblical Research (ABR) gaben die Entdeckung eines formelhaften Fluchs bekannt, der auf einer kleinen, gefalteten Bleitafel zu lesen ist. Die Fluchtafel kam Dezember 2019 ans Licht, als der Archäologe Dr. Scott Stripling,
Direktor des Instituts für archäologische Studien am Bibelseminar in Katy, Texas, sein Team damit beauftragte, den zuvor zurückgelassenen Schutt der Grabung von Professor Adam Zertal auf dem Berg Ebal (1982-1987) sorgfältig durchzusieben.

Drei Ansichten der gefalteten Fluchtafel, die die Inschrift enthält.
Gefaltete Fluchtafel. (© Michael C. Luddeni)

Die althebräische Inschrift besteht aus 40 Buchstaben und ist einige Jahrhunderte älter als bisher bekannte hebräische Inschriften aus dem alten Israel. Stripling arbeitet mit vier Wissenschaftlern der Prager Akademie der Wissenschaften und zwei Epigraphikern (Experten auf dem Gebiet der Entzifferung antiker Inschriften) zusammen, mit PD Dr. habil.
Pieter Gert van der Veen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Prof. Dr. Gershon Galil der Universität Haifa, Israel. Die Wissenschaftler setzten fortschrittliche tomographische Scans ein, um den verborgenen Text zu entschlüsseln. In Zusammenarbeit mit Stripling entzifferten Galil und van der Veen die proto-alphabetische Inschrift, die wie folgt lautet:

Verflucht, verflucht, verflucht – verflucht vom Gott JHW:
Du wirst sterben, verflucht verflucht, du wirst sicher sterben.
Verflucht von JHW – Verflucht, verflucht, verflucht

Stripling: „Solche Amulette sind aus der hellenistischen und römischen Zeit bekannt, aber die von Adam Zertals ausgegrabene Keramik ist deutlich älter und datiert auf die frühe Eisenzeit I und die Spätbronzezeit. Logischerweise stammt auch die Tafel aus einer dieser früheren Zeiten. Doch hat mich die Entdeckung einer spätbronzezeitlichen Inschrift verblüfft.”

Galil erkannte unmittelbar die formelhafte Struktur der Inschrift: „Anhand der Symmetrie stellte ich fest, dass sie als chiastischer Parallelismus geschrieben worden war.” Das Lesen der verborgenen Buchstaben erwies sich laut van der Veen als mühsam, „aber jeden Tag entdeckten wir neue Buchstaben und Wörter, die in einer sehr alten Schrift geschrieben
wurden.”

Daniel Vavřík und seine Kollegen aus Prag sorgten für die Genauigkeit der Rohdaten, die das Team auswertete. Nach alttestamentlichen Aussagen (5. Mose 27 und Josua 8) soll der Berg Ebal ein Berg des Fluches gewesen sein. Zudem geht aus Josua 8,30 hervor, dass Josua auf dem Berg Ebal einen Altar errichten ließ. Die Fluchtafel wurde tatsächlich im Grabungsschutt der zuvor von Adam Zertal ausgegrabenen Struktur, die er mit Josuas Altar gleichsetzte, entdeckt.

Ein von Fachleuten begutachteter wissenschaftlicher Artikel ist in Vorbereitung und soll noch im gleichen Jahr erscheinen. Das Team besteht aus Scott Stripling, Gershon Galil, Ivana Kumpova, Jaroslav Valach, Pieter Gert van der Veen, Daniel Vavrik und Michal Vopalensky.

Nach einer Pressemeldung der Associates for Biblical Research

Cover_Antike Welt 6_2019_Leben am Toten Meer

Das könnte Sie auch interessieren!

Leben am Toten Meer

Das Tote Meer ist nicht nur der niedrigste Punkt der Erde, sondern konfrontiert Menschen auch mit einer lebensfeindlichen Umgebung. Und dennoch – über viele Jahrtausende hinweg ließen sich Menschen hier nieder, bauten Siedlungen, Festungen und Kultstätten. Sie nutzten die natürlichen Höhlen über Jahrhunderte als Zufluchtsorte und hinterließen dort Alltags-, aber auch Wertgegenstände. Orte wie Jericho, Teleilat Ghassul, Bab edh-Drah, Qumran und Masada sind weltberühmt.Unser Titelthema stellt diese einzigartige Kulturlandschaft vor und gewährt Einblicke in die Geschichte der archäologischen Erforschung und der einzigartigen Funde.