2.700 Jahre alte Reliefs in Ninive entdeckt

In Zusammenarbeit mit einem irakischen Ausgrabungsteam haben Forscher des Museums für Archäologie und Anthropologie der Universität von Pennsylvania in Ninive, einer Stätte auf der Ostseite des Tigris, innerhalb der Stadt Mossul im Nordirak, 2.700 Jahre alte Felsritzungen ausgegraben. Jetzt arbeitet das Penn Museum mit Unterstützung der ALIPH-Stiftung daran, das Mashki-Tor der antiken Stadt sorgfältig zu rekonstruieren – eines der vielen mesopotamischen Monumente, die von Kämpfern des sogenannten Islamischen Staates im Irak und Syrien zerstört wurden.

Relief eines Mannes mit kurzen Haaren, Bart und einem Haarband.
Dieses am Mashki-Tor entdeckte Marmorrelief zeigt einen hochrangigen Gefangenen der Assyrer während eines Feldzugs (Foto: Penn Museum)

Im Rahmen eines von der Kommune geleiteten Ausgrabungs-, Konservierungs- und Restaurierungsprojekts, das vom Penn Museum finanziert wurde, fand ein internationales Team von Archäologen sieben Marmorreliefs, die fein gemeißelte Kriegsszenen, Berge, Weinreben und Palmen darstellen – ein monumentaler und bedeutungsvoller Fund inmitten der kulturellen Zerstörung des Gebiets.

Gekonnt geschnitzt und mit außergewöhnlichen Details versehen, werden diese bemerkenswerten antiken Tafeln im Irak verbleiben. Es gibt Pläne für den Bau eines Besucherzentrums in Ninive, das die Forschung und das Verständnis für die Geschichte des alten Mesopotamien für künftige Generationen fördern soll.

Diese hervorragend erhaltenen Reliefs, eine der größten Entdeckungen seit dem 19. Jh., gehen auf einen assyrischen König zurück, der Ninive von 705 bis 681 v. Chr. regierte. Er war bekannt für seine Feldzüge, von denen einer in der Bibel erwähnt wird. König Sennacherib ließ 18 ähnliche Tore rund um die Stadt errichten. Das Mashki-Tor, das „Tor der Wasserstellen“, war wegen seines direkten Zugangs zum Tigris wichtig. Es wurde in den 1970er Jahren vom Ninive-Inspektorat der irakischen Behörde für Altertümer und Kulturerbe rekonstruiert. Das markante Denkmal befindet sich an der Autobahn und ist von der Westseite des Tigris aus gut sichtbar.

Das Tor symbolisiert die lange Geschichte Mossuls und ist nach wie vor ein wichtiger gemeinsamer Ort für Christen, Juden und Muslime. Im Jahr 2016, während der Besetzung des Irak, zerstörten IS-Kämpfer das Tor mit einem Bulldozer – ein bewusster Versuch, die kulturelle Erinnerung an das assyrische Erbe des Irak auszulöschen. Doch inmitten des Chaos und des Konflikts überlebten diese sieben Reliefs, begraben in einem Gebiet, das noch nicht ausgegraben worden war – bis jetzt.

Ein Team von Wissenschaftlern und Archäologen arbeitet mit einem irakischen Ausgrabungsteam zusammen, um dieses Stück des irakischen Kulturerbes wiederherzustellen: Field Director Dr. Michael D. Danti, Leiter des Programms zur Stabilisierung des irakischen Kulturerbes; Dr. Richard L. Zettler, stellvertretender Kurator der Nahostabteilung des Penn Museums; Dr. Ali al-Jabbouri, ehemaliger Dekan des College of Archaeology er Universität von Mossul; Dr. John MacGinnis von der University of Cambridge und Dr. Darren P. Ashby, Programmleiter des Iraq Heritage Stabilization Program.

ein Mann säubert mit einem Pinsel ein Steinrelief in Ninive
Dr. Michael Danti vom Penn-Museum reinigt eines der sieben antiken Reliefs, die in Ninive gefunden wurden. (Foto: Penn Museum)

„Wir versuchen, die kulturelle Vielfalt zu bewahren und die kulturelle Meinungsfreiheit in einer Weise zu schützen, die den Erwartungen und Prioritäten sowohl der lokalen Gemeinschaft als auch der irakischen Behörde für Altertümer und Kulturerbe entspricht“, sagt Dr. Danti, der auch als beratender Wissenschaftler am Penn Museum tätig ist. Ziel ist es, das antike Ninive als eine große archäologische Stätte in einer modernen Stadt zu erhalten und sie zum UNESCO-Weltkulturerbe zu machen.

„Für einen Archäologen ist eine Entdeckung dieser Größenordnung eine Ehre und eine große Verantwortung. In gewisser Weise ist das Mashki-Tor ein Symbol für internationale Hoffnung und interkulturelle Zusammenarbeit. Aus der Asche erhebt sich ein Phönix“, fügt Dr. Danti hinzu.

„Dies sind die ersten assyrischen Reliefs, die seit mindestens 75 Jahren wieder aus dem Boden kommen“, erklärt Dr. Zettler. „Diese Entdeckung fügt neue Daten hinzu und verbessert letztlich das Verständnis der neuassyrischen Geschichte im alten Mesopotamien.“

„Wir sind begeistert von der laufenden Konservierung dieses unglaublich seltenen und historischen Fundes“, sagt Dr. Christopher Woods, Direktor am Penn Museum, der sich auf Sprachen und Zivilisationen des alten Mesopotamien spezialisiert hat. „Die Inspektion von Ninive durch die irakische Behörde für Altertümer und Kulturerbe hat uns ermutigt, unsere Arbeit im Bereich des kulturellen Erbes und der neuassyrischen archäologischen Forschung in der Region auszuweiten. Das Penn Museum freut sich, an diesen internationalen Bemühungen zur Versöhnung nach dem Konflikt mitzuwirken.“

Dr. Zettler und Dr. Danti arbeiten schon seit langem mit irakischen Behörden zusammen, um verfallene Stätten zu restaurieren, darunter auch Taq-i Kisra, ein wichtiges Wahrzeichen südlich von Bagdad. In den kommenden Monaten werden die Ausgrabungen am Mashki-Tor in den noch unerforschten Kammern fortgesetzt, während das Team daran arbeitet, die antiken Reliefs zu konservieren, um sie der Welt zugänglich zu machen.

Nach einer Pressemeldung des Museums für Archäologie und Anthropologie der Universität von Pennsylvania.

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