Songo Mnara Häuserfront

Songo Mnara – Archäologie an der Küste des Indischen Ozeans

Von Rüdiger Vierhaus; Titelbild: Die Gebäudefront in Songo Mnara. Eine verfallene Stadt fast wie am Ende der Welt. © Rüdiger Vierhaus

In Afrika ist Archäologie eng mit den Forschungsfeldern Altsteinzeit und Antike verbunden. Seit einigen Jahren wächst aber nun auch das Interesse an der vorkolonialen, mittelalterlichen Geschichte. An der Küste Ostafrikas liegen einige wichtige Fundstätten aus dieser Zeit. Zwar werden die Handelsstädte der Swahili dort bereits seit Jahrzehnten erforscht, sie bieten aber immer noch Raum für neue Entdeckungen.

Songo Mnara gehörte zu einer Kette von Handelsstädten, die seit dem Mittelalter an der Küste Ostafrikas entstanden waren. Die vorherrschenden Monsunwinde des Indischen Ozeans sorgten für günstige Bedingungen und machten den Seehandel lukrativ. Von Somalia im Norden bis hinunter nach Mosambik reihte sich Hafen an Hafen. Einige der Städte existieren noch immer, z. B. Mombasa, Mogadishu oder Sansibar. Andere sind heute verschwunden. Dies war auch das Schicksal von Songo Mnara. Es wurde im 14. Jh. gegründet, aber schon nach etwa 150 Jahren wieder aufgegeben. Songo Mnara ist Teil des Weltkulturerbes der UNESCO, und schon seit den 1960er Jahren finden hier Ausgrabungen statt.

Eine Stadt aus Palästen?

Die Gebäude der Stadt sind ausgesprochen gut erhalten. Nachdem die Bewohner Songo Mnara verlassen hatten gab es auf dem Gelände später keine Ansiedlungen mehr. Die Häuser an vielen bekannten antiken Stätten wurden von nachfolgenden Bewohnern als Steinbrüche genutzt. Das geschah hier nicht. Anders als etwa in Kilwa stehen von vielen Häusern sogar noch Teile der Obergeschosse (Abb. 5). Nur die Dächer sind inzwischen eingestürzt, und der Schutt füllt noch heute die unteren Räume vieler Gebäude. Etliche von ihnen sind bis heute nicht archäologisch untersucht worden.

Ein Streifzug durch die Ruinen der Stadt vermittelt einen guten Eindruck davon, wie großzügig die Menschen in Songo Mnara lebten, zumindest die Angehörigen der Oberschicht. Die großen Paläste besaßen mehrere eingetiefte Innenhöfe, durch die das Haus in verschiedene Bereiche aufgeteilt wurde. Die Räume bezogen sich auf diese Höfe und waren durch Flure und Durchgänge miteinander verbunden. Diese Bauweise ist typisch für die Häuser der Swahili-Kultur jener Zeit. Sie findet sich überall an der ostafrikanischen Küste.

Die relativ kleinen Türen halfen vermutlich dabei, die Hitze des Tages aus den Räumen heraus zu halten. In den tiefen Höfen blieb es bei starkem Sonnenschein schattig und damit wahrscheinlich recht angenehm. Auch viele der Eingänge in die Häuser haben wahrscheinlich aus diesem Grund eher bescheidene Dimensionen. Bei einigen der besonders prachtvollen Häuser bildeten dagegen großzügige Freitreppen einen repräsentativen Zugang.

Songo Mnara Gebäuderuine
Eine erhaltene Wand des Obergeschosses mit Tür. So etwas ist relativ selten. Der eingesenkte Hof davor war das Zentrum dieses Teils des Hauses. © Rüdiger Vierhaus
Cover Antike Welt 2/2018

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Ägyptische Tierkulte

Tiere hatten in der Weltanschauung der alten Ägypter eine ungewöhnliche Position inne. Sie galten wie die Menschen als fühlende Wesen, aber zugleich als fremdartig und mit besonderen Gaben und Fähigkeiten ausgestattet.  Anders als bei den menschlichen Mumien gab es bei den Tieren jedoch viele verschiedene Arten von Mumien, die sich in sechs verschiedene Kategorien einordnen lassen.

Die leeren Räume

In der Vergangenheit wurden besonders die großen, palastartigen Gebäude intensiv erforscht. Sie sind inzwischen sogar teilweise rekonstruiert worden, um die Bauten zu sichern und einen Eindruck vom ursprünglichen Aussehen zu erhalten.

Die Bezeichnung «Steinstädte» ist heute, abgeleitet von «Stonetown», dem Namen der Altstadt auf der Insel Sansibar, eine geläufige Bezeichnung für alle mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handelshäfen an der ostafrikanischen Küste. Der Grund dafür sind die eindrucksvollen Überreste der großen Steinpaläste.

Schwerpunkt des aktuellen Forschungsprojekts war jedoch die Untersuchung der freien Flächen in der Stadt. Die neuen Untersuchungen erbrachten auch auf den Flächen zwischen den Steinhäusern Spuren von zahlreichen kleineren Gebäuden, die aus vergänglichen Materialien erbaut worden waren. Schon die geomagnetische Untersuchung des Geländes war aufschlussreich. «Die geringe Tiefe der Schichtung führte bei der Prospektion zu sehr guten Ergebnissen», erklärt Stephanie Wynne-Jones. Zusammen mit den Funden aus den Grabungen und von der Archäobotanik ergibt sich jetzt ein vielseitiges Bild.  

Auch ihr Kollege ist mit den bisherigen Resultaten zufrieden: «Songo Mnara ist wegen seiner Steinbauten immer als echte Stadt angesehen worden. Die Untersuchungen haben viele neue Erkenntnisse über den Alltag der Bewohner geliefert. Durch die Archäologie haben wir jetzt sozusagen das ‹Fleisch› auf den ‹Knochen› gebracht. Wir haben großartige Erkenntnisse über das Leben in der Stadt gewonnen.» Der heutige Eindruck der Siedlung entspricht also nur noch bedingt den Forschungsergebnissen. Zwar prägten die großen Paläste das Stadtbild, aber wie an vielen anderen Orten auch bestand ein erheblicher Teil der Bebauung aus einfacheren Gebäuden.

Cover Archäologie in Deutschland Sonderheft 26/2023

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Was unterscheidet das mittelalterliche Leben auf dem Dorf von dem in der Stadt? Obwohl der überwiegende Teil der Bevölkerung auf dem Land lebte, ist verhältnismäßig wenig über den Alltag in den Siedlungen des Mittelalters bekannt. Die siedlungsarchäologische Forschung hat sich zum Ziel gesetzt, diese Lücke zu schließen.

Eine Stadt ohne Geschichte

Historisch ist über Songo Mnara nur wenig bekannt. Schriftliche Quellen fehlen und der Fundort stand lange etwas im Schatten des bekannteren Kilwa Kisiwani.

Die Stadt wurde im späten 14. Jh. auf der zuvor unbesiedelten Insel gegründet. Die Gebäude sind nach dem bisherigen Kenntnisstand in kurzer Zeit und in relativ einheitlicher Bauweise errichtet worden.

Auch im benachbarten Kilwa Kisiwani entstanden zu dieser Zeit wieder auffällig viele große Häuser aus Korallenstein. Schriftliche wie auch archäologische Quellen zeigen, dass in der ersten Hälfte des 14. Jhs. an der ostafrikanischen Küste eine Zeit des Niedergangs begonnen hatte. Einige Zeit später führte offenbar ein Aufschwung in der gesamten Region erneut zu Stadterweiterungen und Neugründungen, so auch von Songo Mnara. Doch dieser Boom dauerte offenbar nicht sehr lange.

Die aktuellen Untersuchungen werfen nun neue Schlaglichter auf das Geschehen in der Stadt. So kannte man etwa bislang aus Songo Mnara keine der weit verbreiteten, im nahegelegenen Kilwa geprägten Münzen. Während der aktuellen Grabungen fanden sich gleich mehrere hundert davon, was auf intensive Kontakte schließen lässt. In einem Haus wurde ein auffälliges Depot dieser Münzen entdeckt. Sie wurden zusammen mit einer Perlenkette unter dem Verputz eines Bodens entdeckt. Ob es sich um ein Versteck handelt oder noch anders erklärt werden kann, bleibt abzuwarten.

Kurios wirkt der Fund eines Schildkrötenskeletts am Boden einer Latrine. Ob diese Grube jedoch zur Entsorgung des Kadavers diente oder ob das Tier nach Aufgabe der Stadt hineinfiel und verendete, lässt sich wahrscheinlich nicht mehr klären.

Songo Mnara Zugangspfad
Heute der einzige Weg nach Songo Mnara. Der Pfad durch das Gestrüpp der Mangroven ist bei Flut vollständig überschwemmt. © Rüdiger Vierhaus