Unterwasserarchäologie in Lio Piccolo: Austern aus der Römerzeit

Bei einer Unterwasser-Ausgrabungskampagne in der Lagune von Venedig machten Archäologen in der Gemeinde Cavallino Treporti bereits im Juli 2022 eine bemerkenswerte Entdeckung. Das als „Römische Villa von Lio Piccolo“ bekannte Bauwerk war mit Becken für die Austern-Zucht ausgestattet.

Ein Taucher birgt einen Ziegel
Tauchgang in der Lagune von Venedig (Foto: Università Ca‘ Foscari Venezia)

Die Untersuchungen wurden von Carlo Beltrame, außerordentlicher Professor für maritime Archäologie an der Universität Ca‘ Foscari Venedig geleitet. Auf dem Meeresboden fanden die Taucher Holzpfähle und ein rechteckiges Ziegelbecken. Diese Strukturen konnten auf der Grundlage von Radiokarbonanalysen in das 1. und 2. Jh. n. Chr. datiert werden.

In der Römerzeit diente das Becken der Zucht und der Lagerung von Austern. Die Meeresfrüchte am Boden des Tanks waren außergewöhnlich gut erhalten.

„In der römischen Welt“, erklärte Carlo Beltrame, „wurden Austern auf der italienischen Halbinsel hochgeschätzt und gezüchtet. Antike Autoren berichten auch über die Austern Istriens, erwähnen aber Altinum (eine Stadt in der Lagune von Venedig) nicht, wo Austern jedoch bei verschiedenen Ausgrabungen der römischen Stadt gefunden wurden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sie in Lio Piccolo zu finden sind, d. h. an einem Ort, der in der Römerzeit in Küstennähe gelegen haben muss und somit ideale Bedingungen für ihr Wachstum bot“.

Zahlreiche Reste wertvoller Fresken, sowie Schwarz-Weiß-Mosaike vervollständigen das Bild. Nach der vorläufigen Hypothese des Wissenschaftlerteams handelt es sich um eine maritime Villa von gewissem Rang, die mit Becken für die Austernzucht ausgestattet war.

Unterwasseraufnahme: Austern zwischen zwei Ziegelsteinmauern, Maßstab und Nordpfeil
Austern auf dem Boden des Ziegelsteinbeckens (Foto: Università Ca‘ Foscari Venezia)

Die versuchsweise Anwendung der Unterwasserphotogrammetrietechnik unter der Leitung von Elisa Costa, Forschungsstipendiatin an der Universität Venedig, führt selbst in diesen Gewässern mit sehr geringer Sichtbarkeit zu hervorragenden Ergebnissen und ermöglicht eine bessere Dokumentation der identifizierten Unterwasserstrukturen.

Diese Stätte ist Teil des von Carlo Beltrame in Zusammenarbeit mit Paolo Mozzi durchgeführten Projekts zur Archäologie der Lagunenlandschaft, das sich mit der Rekonstruktion der Hafenanlage von Altinum befasst. In den letzten zwei Jahren wurde bereits der so genannte römische Turm untersucht, der sich in Wirklichkeit als eine Zisterne erwies.

Ein integraler Bestandteil des Projekts ist die Erforschung des städtischen Hafens von Altinum. Bei früheren Untersuchungen wurde bereits das große L-förmige Hafenbecken mit einer Fläche von einem Hektar dokumentiert.

Nach einer Pressemeldung der Universität Ca‘ Foscari Venedig.

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