Die ANTIKE WELT zu Gast in Trier

Anlässlich der Landesausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“ fand ein ANTIKE WELT-Kolloquium zum gleichnamigen Thema im Rheinischen Landesmuseum in Trier statt.

Ein Rückblick

Bereits seit dem 18. Jahrhundert beschäftigt sich die Geschichtswissenschaft mit der Frage, weshalb das Weströmische Reich untergegangen ist. Es wurden unzählige Theorien entwickelt, um den Untergang Roms zu begründen. Das Spektrum reicht von Dekadenz und Völlerei über politische Unfähigkeit sowie Völkerwanderungen, Umweltkatastrophen und der immer wieder beliebten Bleivergiftung. Das Rheinische Landesmuseum Trier hat es sich mit der Ausstellung »Der Untergang des Römischen Reiches« zur Aufgabe gemacht, darüber aufzuklären, welche Ursachen tatsächlich für den Niedergang des Weströmischen Reiches verantwortlich waren und welche Bereiche der römischen Kultur fortbestanden. Dank der Arbeit des Teams von Dr. Marcus Reuter und Dr. Korana Deppmeyer ist eine informative und überaus ansprechende Ausstellung entstanden, die mit einer Vielzahl von teils sehr prominenten Objekten ausgestattet ist.

Blick auf Trier mit den Kaiserthermen.
Blick auf Trier (Foto Lara Hitzmann).

Holger Kieburg, Chefredakteur der ANTIKEN WELT, richtete in Zusammenarbeit mit seiner Kollegin Anna Ockert und dem Rheinischen Landesmuseum am 18. Juli 2022 zu Ausstellungsbeginn ein Kolloquium in Trier für alle Geschichtsinteressierten aus. Als Rednerinnen und Redner waren fünf Gäste geladen, die dem Publikum den Untergang des Römischen Reiches in breitgefächerten Vorträgen näherbrachten und im Anschluss daran zur Diskussion einluden. Anna Ockert fasst die Organisation und Durchführung des Kolloquiums zusammen:

»,Endlich wieder ein AW-Kolloquium‘ werden sich unserer Leserinnen und Leser gedacht haben, als sie den Hinweis in unserer Zeitschrift oder auf unseren Social Media-Kanälen gesehen haben. Für mich persönlich war es das erste AW-Kolloquium, an dessen Organisation ich beteiligt war und umso mehr freute ich mich über die rege Anzahl an Teilnehmenden, trotz der sehr sommerlichen Temperaturen.

Bereits letztes Jahr fiel die Entscheidung, ein Kolloquium mit dem Thema ‚Der Untergang des Römischen Reiches‘ durchzuführen. Maßgeblich dafür war der Entschluss, ein Titelthema in der ANTIKEN WELT − passend zur großen Landesausstellung 2022 im Rheinischen Landesmuseum Trier − ebenfalls dem Untergang des Römischen Reiches zu widmen. Die entsprechende Ausgabe erschien Ende Mai und entstand in Zusammenarbeit mit den Kuratorinnen und Kuratoren der angesprochenen Ausstellung sowie weiteren Experten der Spätantike, von denen einer – Herr Prof. Dr. Lukas Clemens – ebenfalls das Kolloquium mit einem Beitrag bereicherte.

Auch die Veranstaltung sollte deshalb in Trier stattfinden, denn die Stadt bietet mit ihrem historischen Hintergrund und noch heute sichtbaren archäologischen Zeugnissen nicht nur die perfekte Kulisse als Standort der großen Landesausstellung, die die Teilnehmenden anschließend an das Kolloquium besuchen durften, sondern das Rheinische Landesmuseum Trier eignete sich auch hervorragend als Veranstaltungsort.

Die Planungen begannen im Februar: Ein genaues Datum musste festgelegt, Werbung in die Wege geleitet und das Programm auf die Beine gestellt werden. Schnell stand der Termin fest und konnte verbreitet werden. Auch das Programm kam schnell zusammen und so konnten sich alle Anwesenden auf fünf interessante und abwechslungsreiche Beiträge freuen.«

Der Untergang des Römischen Reiches

Das römische Imperium war gewaltig. Es nahm auf seinem Höhepunkt ein riesiges Gebiet ein, das die meisten Teile des heutigen Europas, Nordafrikas sowie des Nahen Ostens umfasste. Nur dank intelligenter Führung, einer straffen Verwaltung und innovativer Infrastruktur konnte es Jahrhunderte überdauern. Und trotzdem ging das Römische Reich unter – aber warum und wie?

Den Einführungsvortrag hielt der Althistoriker Prof. Dr. Holger Sonnabend (Universität Stuttgart), von dem zuletzt das Buch »Aufstieg und Fall großer Reiche« bei der wbg erschien und der sich daher bestens mit der Thematik auskennt. Sein Vortrag führte in das Thema des Kolloquiums ein. Hierbei warnte er vor dem Einfluss eines subjektiven Geschichtsverständnisses auf die Interpretation von historischen Prozessen. Im Zuge dessen stellte er dem Auditorium die verschiedenen zum Teil sehr beharrlichen Vorurteile über den Untergang des Römischen Reiches vor. Im Anschluss daran präsentierte der Althistoriker Prof. Dr. Christian Witschel (Universität Heidelberg) seine Forschungen zu den heterogenen Verbänden der Goten. Witschels Vortrag behandelte die Beziehung zwischen Rom und den Goten und erläuterte, wie das Erstarken der Goten mit der Schwächung des römischen Imperiums einherging. Er betonte, wie spärlich bislang die Quellenlage zu diesen Gruppierungen sei.

Mit Blick auf den Veranstaltungsort lud die Archäologin Dr. Korana Deppmeyer, Kuratorin im Rheinischen Landesmuseum Trier, zu einem digitalen archäologischen Spaziergang durch Trier ein. Sie stellte einige ausgewählte Bauten der Stadt vor, indem sie die jeweilige Historie, die postantike Zerstörung und den derzeitigen Forschungsstand erläuterte. Dieser Vortrag machte deutlich, welch großartige Bedeutung Trier als antike Weltmetropole innehatte. Das belegen auch die regionalen Fundstücke, die den Untergang des römischen Reiches dokumentieren.

Nach der Mittagspause referierte der Mediävist Prof. Dr. Lukas Clemens (Universität Trier) über die Nutzung nationaler und internationaler antiker Gebäude nach ihrer Blütezeit. Er betonte, dass gerade in Trier für das geschulte Auge eine Vielzahl von Spolien zu finden sind.

Den Abschlussvortrag hielt der Leiter des Museums Dr. Marcus Reuter, der in Vorbereitung auf einen gemeinsamen Rundgang einmalige Einblicke in die kuratorische Arbeit gab. Er erläuterte, was sie zu der Ausstellung inspiriert hatte, was ihnen besonders wichtig gewesen ist und wie und weshalb sie so gestaltet wurde.

Als letzter Tagesordnungspunkt wurden die Gäste von Dr. Deppmeyer und Dr. Reuter durch die Sonderausstellung geführt. Während des Rundgangs bestand erneut die Gelegenheit für anregende Diskussionen und die Kurator:innen boten spannende Hintergrundinformationen zu einzelnen Objekten.

»Neben der Kuratorenführung durch die sehr gelungene Ausstellung, war mein persönliches Highlight zum einen der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Christian Witschel von der Universität Heidelberg, der einen Blick auf die ‚Goten‘ warf und der Frage nachging, ob die ‚Barbaren‘ am Untergang des Römischen Reiches beteiligt gewesen waren. Und zum anderen auch der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Lukas Clemens von der Universität Trier, der noch einmal deutlich machte, wie unterschiedlich mit dem römischen Erbe in den darauffolgenden Jahrhunderten umgegangen wurde und der einem noch einmal bewusst werden ließ, dass das, was wir heute in Trier sehen, nur ein ganz kleiner Teil des römischen Augusta Treverorum ist.«

Anna Ockert

In der Sonderausstellung »Der Untergang des Römischen Reiches« werden die Gäste zunächst durch einige sehr helle Räume geführt, die über das Weströmische Reich im 4. Jahrhundert n. Chr. informieren. Bereits hier finden sich immer wieder lokale Bezüge, denn Trier war zu dieser Zeit ein wichtiges römisches Zentrum. Die Ausstellung verläuft zwar chronologisch, behandelt in den einzelnen Räumen jedoch immer ein Oberthema. So werden beispielsweise das Militär oder auch die heterogenen Gruppierungen des ‚Barbaricums‘ in den Vordergrund gestellt. Dank der vielfältigen Objekte und zahlreicher Medienstationen wird die Ausstellung leicht verständlich und holt die Besucherinnen und Besucher auf ihrem jeweiligen Wissenstand ab.

Die Atmosphäre der Ausstellungsräume wird immer bedrohlicher – der Untergang nähert sich. Nun werden die Gäste durch die Belagerung Roms durch Alarich im Jahre 410 n. Chr. geleitet und erfahren, wie die letzten römischen Kaiser versuchten, ihr Reich vor dem Untergang zu bewahren. Auch der Einfluss des Christentums wird hier thematisiert. Am Schluss wird der Untergang Roms nicht zuletzt anhand einer Vielzahl lokaler Objekte vorgestellt, die es den Besucher:innen ermöglichen durch das spätantike Trier zu flanieren.

Dann richtet sich der Blick gen Osten. Der Untergang des Weströmischen Reiches war keinesfalls der Untergang der römischen Kultur, denn das Byzantinische Reich hatte noch gut 1000 Jahre bestand.

»Das Kolloquium hat mir wirklich außerordentlich gut gefallen. Gerade die Darstellung der aktuellen Forschungsergebnisse und die anschließende Präsentation der Objekte war eine gelungene Mischung. Zudem war der Austausch mit den Referent:innen, der Leserschaft der ANTIKEN WELT und dem geschichtsinteressierten Publikum sehr anregend. Vielen Dank an Frau Ockert und Herrn Kieburg für die Ausrichtung der Veranstaltung! Ich möchte ebenfalls den Vortragenden für diese einzigartigen Einblicke in die Spätantike und das frühe Mittelalter danken. Die Ausstellung ist definitiv einen Besuch wert – genauso wie Trier an sich,« meint die Autorin.

| von Lara Hitzmann

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