Mehr als Karawanenstädte in der Wüste

Die Städte Palmyra und Hatra waren kosmopolitische Zentren entlang der Ostgrenze des Römischen Reiches. Der Ost-West-Handel zwischen Rom und dem Iran hatte die beiden Karawanenstädte reich gemacht.

Mächtiges Palmyra

Eine der beiden wichtigen Karawanenstädte: Palmyra im Jahr 2008. Zu sehen ist die Kolonnaden-Straße und der Tempel des Bel.
Palmyra. Luftbildaufnahme aus 2008 (wikimedia commons, Foto: Quim Bahí CC BY-SA 2.0)

Über den erfolgreichen Handel Palmyras entstand ein Netzwerk von Händlern im gesamten Nahen Osten. Überall waren Händler mit Palmyra verbunden und es gab viele sog. Diaspora-Palmyrener, die in anderen wohnten und dort den Handel mit ihrer Heimatstadt beförderten.

Wenn wir uns also fragen, warum Palmyra so erfolgreich war, können wir nicht einfach auf die günstige Lage „an der Seidenstraße“ verweisen. Vielmehr müssen wir sehen, dass die Palmyrener ihre Chance aktiv nutzten, den Handel durch geschickte diplomatische Beziehungen an ihre Stadt zu binden.

Zudem schufen sie einen Staat, in dem es Prestige verschaffte, den Handel zu finanzieren und durch geschickte Absprachen mit der benachbarten Wüstenbevölkerung die Wege zu sichern. Nur so konnte Palmyra aufblühen, beträchtliche Gewinne erwirtschaften und dauerhafte soziale und wirtschaftliche Netzwerke entwickeln, die den gesamten Nahen Osten durchzogen.

Königin Zenobia erklärt den Römern den Krieg

Im späten 3. Jh. n. Chr. erklärte Königin Zenobia aus Palmyra den Krieg. Für kurze Zeit schaffte sie es, das Römische Reich von Anatolien bis Ägypten unter ihre Kontrolle zu bringen.

Zusammen mit dem Reichtum Palmyras und seinen guten Beziehungen mit den Nachbarn schuf vor allem das Handelsnetzwerk die Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufstand Zinobias.

Überall in Syrien, Ägypten und auf der arabischen Halbinsel konnte die Königin auf Unterstützung vor Ort setzen.

Mächtiges Hatra

Luftbild von Hatra. Zu sehen sind die römischen Ruinen.
Hatra (Foto aus 2007, Foto: wikimedia commons / Multi-National Corps Iraq Public Affairs, gemeinfrei)

Hatra war ein religiöses Zentrum mit einem beeindruckenden zentralen Tempel, der dem Shamash geweiht war. Die Stadt erlebte ihren Aufschwung etwa zur gleichen Zeit wie Palmyra, obwohl seine Stadtkönige meist mit dem Parther-Reich und weniger mit Rom verbündet waren.

Archäologische Forschungen im Umland haben ergeben, dass mit dem Wachstum der Stadt auch die Nutzung des Hinterlandes intensivierte.

Neue dörfliche Siedlungen entstanden, und die Aktivitäten der nomadischen Hirtengemeinden nahmen zu.

Leider liefern die schriftlichen Quellen aus Hatra nicht so gute Informationen über die politische Organisation der Stadt und die antiken Berichte sind spärlich.

Die archäologische Forschung trägt jedoch dazu bei, das Bild zu vervollständigen.

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Neues Licht auf die Karawanenstädte

Palmyra und Hatra entwickelten sich beide in der Nähe von Straßenverläufen in instabilen geopolitischen Grenzregionen. Die Entwicklung zu wirtschaftlichen bzw. religiösen Zentren war keineswegs zwangsläufig, sondern das Resultat einer dynamischen und gezielten Politik der Städte selbst.

Durch die lückenhaften archäologischen und historischen Überlieferungen sind nur wenige Spuren dieser Gemeinschaften vorhanden. Dies verdammte sie dazu lediglich als Stationen zwischen den großen Reichen – als Karawanenstädte wahrgenommen zu werden.

Doch das historische Bild, das die neue Forschung zeichnet, zeigt, dass die beiden Karawanenstädte keine passiven Wegstationen waren. Vielmehr waren sie treibende Kräfte von lokalen Entwicklungen, die zu globalen Beziehungen führten.


Nach: L. Fabian, Palmyra und Hatra. Mehr als Karawanenstädte in der Wüste. ANTIKE WELT 5/2020.

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