Ägyptisch-deutsches Grabungsteam findet neue Zeugnisse aus der Tempelstadt Heliopolis

Ein ägyptisch-deutsches Grabungsteam hat bei gerade abgeschlossenen Ausgrabungen im Nordosten Kairos bedeutende Zeugnisse aus der Geschichte der Tempelstadt Heliopolis gefunden. Hierzu gehört das Fundament einer Nord-Süd verlaufenden Kalksteinmauer, die ca. 55 Meter westlich des noch aufrechtstehenden Obelisken von Heliopolis entdeckt wurde. Eine genaue zeitliche Einordnung der Mauer steht noch aus. Es wurden allerdings in dieser Mauer verbaute Fragmente eines Schreins des Königs Takelot I. (887–874 v. Chr.) gefunden. Neben ägyptischen Behörden war auch ein Team aus Studierenden und Wissenschaftler:innen der Universitäten Leipzig und Pisa beteiligt.

Ein Amasis-Sockel, der bei der Ausgrabung in Heliopolis gefunden wurde.
Ein Amasis-Sockel wurde bei der Ausgrabung in Heliopolis gefunden. (Foto: Dietrich Raue)

Wenige Meter westlich dieser Mauer konnten Fragmente eines Gebäudes aus hell-beigem silifiziertem Sandstein geborgen werden. Aufgrund einiger weniger Inschriften, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Tempel-Gebäude der 26. Dynastie (664–525 v. Chr.) handelt. „Die Funde unserer Grabung im Frühjahr 2022 bezeugen ein reges königliches Investment im Tempel von Heliopolis über verschiedene Zeiten der ägyptischen Geschichte hinweg“, sagt Prof. Dr. Dietrich Raue, Kustos des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig, der in Kairo mit vor Ort war.

Weitere Funde belegen die königliche Bautätigkeit aus früheren Zeiten der ägyptischen Geschichte, wie eine Inschrift des Königs Pepi I. (ca. 2276–2228 v. Chr.) aus Rosengranit. Es ist derzeit noch unklar, ob die Architektur-Teile aus der Zeit des Königs Cheops (um 2500 v. Chr.) einem Bauprojekt des Königs im Tempel von Heliopolis zuzuordnen sind oder ob sie aus dessen Pyramidenbezirk in Giza stammen und wiederverwendet wurden.

Statuenfragment einer Sphinx des Königs Amenemhat III
Statuenfragment einer Sphinx des Königs Amenemhat III (Foto: Simon Connor)


Auch Statuenfragmente von Königen des Mittleren Reiches wie Amenemhat II. (1878–1843 v. Chr.) sowie von Königen des Neuen Reichs wie Thutmosis III. (1479–1425 v. Chr.), Amenophis II. (1425–1400 v. Chr.), Amenophis III (1390–1353 v. Chr.), Haremhab (1319–1292 v. Chr.), Ramses II. (1279–1213 v. Chr.) konnten gefunden werden. Bei den Statuenfragmenten handelt es sich zu einem Großteil um Sphingen. Ein Sockel des Königs Amasis (570–525 v. Chr.) aus silifiziertem Sandstein gehört ebenfalls zu den geborgenen Objekten.

Die ägyptisch-deutsche Unternehmung, an der auch Forschende und Studierende des Ägyptologischen Instituts / Ägyptischen Museums – Georg Steindorff der Universität Leipzig beteiligt waren, stand unter der Leitung von Dr. Aiman Ashmawy vom ägyptischen Ministerium für Tourismus und Antiken und apl. Prof. Dr. Dietrich Raue, Kustos des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig, in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Kai-Christian Bruhn vom Institut für raumbezogene Informations- und Messtechnik der Hochschule Mainz sowie in Kooperation mit der Universität Pisa. Die Grabungskampagne wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Donation Eckhard Sambach, dem Ägyptologie-Forum der Universität Zürich und weiteren Einzelspendern ermöglicht.

Nach einer Pressemeldung der Universität Leipzig

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