Jenseits der Mauer – Über 100 Siedlungen nördlich vom Hadrianswall entdeckt

Burnswark hillfort in Südwesten Schottlands (Foto: J. Reid).

Archäologen, die das Gebiet nördlich vom Hadrianswall in Großbritannien untersuchen, haben mehr als 100 bisher unbekannte indigene Siedlungen aus der Zeit der römischen Besatzung entdeckt.

Die Arbeiten am Hadrianswall begannen im Jahr 122 n. Chr. und sollten rund 20 Jahre lang die nördlichste Grenze des Römischen Reiches markieren. Rom expandierte weiter und errichtete den Antoninischen Wall in der Mitte des heutigen Schottlands, um seine neuen Besitzungen zu verteidigen. Diese Besetzung war nur von kurzer Dauer, und die Grenzlinie wurde schließlich zum Hadrianswall zurückverlegt.

Bisherige Forschungen über die Region zwischen diesen beiden Mauern konzentrierten sich vor allem auf die römische Perspektive und untersuchten die Festungen, Straßen, Lager und Mauern, die sie zur Kontrolle des nördlichen Britanniens nutzten. Nun haben sich Dr. Manuel Fernández-Götz und ein Team von Archäologen auf den Weg gemacht, um die in dieser Grenzregion lebenden indigenen Gemeinschaften besser zu verstehen.

„Dies ist eine der aufregendsten Regionen des Imperiums, da sie seine nördlichste Grenze darstellte und weil Schottland eines der wenigen Gebiete in Westeuropa war, das die römische Armee nie vollständig unter Kontrolle bringen konnte“, so der Erstautor Dr. Fernández-Götz von der Universität Edinburgh.

Großprojekt am Hadrianswall

Im Rahmen eines von Leverhulme finanzierten Großprojekts plant das Team, das Gebiet von Durham bis zu den südlichen schottischen Highlands zu untersuchen. Die erste Phase ihrer Arbeit, die in der Zeitschrift Antiquity veröffentlicht wurde, konzentrierte sich auf die Region um das Burnswark Hillfort in Schottland. Hier wurde die größte Konzentration römischer Geschosse in Britannien gefunden, die von der Feuerkraft zeugen, mit der die römischen Legionen ihre Gegner bekämpfen konnten.

Das Lidarbild zeigt zwei neu identifizierte Siedlungsanlagen (A und B) in der Nähe des bekannten Kastells von Range Castle.

Dr. Fernández-Götz und sein Team haben sich über Burnswark hinaus ausgedehnt und mit Unterstützung der British Academy Lidar-Daten aus der Umgebung von 1500 km2 untersucht. Obwohl ein Teil des Gebiets bereits in der Vergangenheit eingehend untersucht worden war, entdeckte das Team 134 bisher nicht erfasste eisenzeitliche Siedlungen in der Region, womit sich die Gesamtzahl auf über 700 erhöhte.

Kleine Gehöfte am Hadrianswall

Während viele größere Stätten bereits bekannt waren, wurden bei der Untersuchung viele kleine Gehöfte entdeckt, die wichtig sind, weil sie die Siedlungen darstellen, in denen die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung lebte. Diese Funde tragen dazu bei, ein umfassenderes Bild der alten Landschaft zu zeichnen, indem sie eine oft dichte Verteilung von Stätten offenbaren, die mit einer Regelmäßigkeit über die Region verstreut sind, die auf ein hoch organisiertes Siedlungsmuster hinweist.

A) Bekannte und neu identifizierte Standorte; B) Gesamtes Projektgebiet der British Academy zwischen den römischen Mauern; C) Abdeckung durch frühere Untersuchungen.

„Das Wichtige an der Entdeckung vieler bisher unbekannter Stätten ist, dass sie uns helfen, die Siedlungsmuster zu rekonstruieren“, sagte Dr. Cowley von Historic Environment Scotland, der an der Untersuchung beteiligt war, „einzeln sind sie sehr routinemäßig, aber in ihrer Gesamtheit helfen sie uns, die Landschaft zu verstehen, in der die indigene Bevölkerung lebte.

Die Archäologen untersuchen außerdem bemerkenswerte Entdeckungen am Hadrianswall mit geophysikalischen Methoden und wenden Radiokarbondatierungen an, um ein vollständigeres Bild der Siedlungen zu erhalten. Die Forscher hoffen, ein klareres Bild davon zu bekommen, wie sich das Leben vor, während und nach der römischen Besetzung veränderte, und so ein vollständigeres Bild dieses Teils des eisenzeitlichen Britanniens zu erhalten.

Originalpublikation:

Beyond Walls: Reassessing Iron Age and Roman Encounters in Northern Britain – Manuel Fernández-Götz, Dave Cowley, Derek Hamilton, Ian J. Hardwick & Sophie McDonald

https://doi.org/10.15184/aqy.2022.47

Nach einer Pressemeldung von Antiquity.

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