Metalle am Balkan kamen aus Italien

Metallgegenstände aus der Bronzezeit, wie sie aus den Metallen vom Balkan herstellt worden sein könnten: Schwerter, Fibeln, Armreife, Beile, Ringe und Spiralen,
Eine Zusammenstellung von Metallgegenständen aus der Bronzezeit (© ÖAW/Mario Gavranović).

Obwohl der Balkan reich an Erzen ist, stammt ein Großteil des Kupfers, das ab 1600 v. Chr. für Gebrauchsgegenstände wie Schwerter, Lanzen, Beile oder Schmuck verwendet wurde, aus norditalienischen Produktionsstätten. „Das ist der erste Nachweis von Kupfer aus dem Trentino auf dem Balkan“, sagt Mario Gavranović von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Dieses überraschende Forschungsergebnis zu den langen Handelsrouten der Bronzezeit veröffentlichten der Archäologe und seine Kolleg:innen nun im Fachjournal PLOS ONE.

Die Frage nach der Gewinnung von Rohstoffen ist nicht nur heute von Bedeutung, sondern spielte auch in der Vorgeschichte eine wesentliche Rolle. Während der europäischen Bronzezeit (2300/2200 bis 800 v. Chr.) war vor allem der Handel mit Kupfer und Zinn, den Bestandteilen der allgegenwärtigen Legierung Bronze, wichtig. Die Forschung kann heute mittels der Messung der Bleiisotopenverhältnisse im Kupfer nachvollziehen, aus welcher Lagerstätte das Rohmaterial stammt, oder auch eine mögliche Bergbauregion ausschließen.

Norditalien und Salzburg lieferten Kupfer

Nun machte ein Forschungsteam um Mario Gavranović vom Österreichischen Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eine überraschende Entdeckung: Trotz zahlreicher lokaler Lagerstätten für Kupfer vor allem in Ostserbien stammte ein Großteil des Metalls, das zwischen 1.500 und 900 v. Chr. am Balkan verwendet wurde, aus den norditalienischen Produktionsplätzen im Trentino und zum kleineren Teil aus der Region aus dem Hochkönig-Mitterberggebiet in Salzburg.

„Man wusste zwar, dass Norditalien bis nach Griechenland Kupfer exportierte, aber nicht, dass es auch einen so regen Handel mit dem Balkan gab“, sagt ÖAW-Archäologe Gavranović, der das Forschungsprojekt gemeinsam mit dem Archäometallurgen Mathias Mehofer von der Universität Wien und mit archäologischen Museen in Bosnien, Serbien und Nord-Mazedonien durchgeführt hat.

500 Jahre Kupfermonopol

Eine schlüssige Erklärung, warum Kupfer aus Italien verwendet und die eigenen Produktionsstätten geschlossen wurden, steht noch aus. „Aus der Bronzezeit gibt es keine schriftlichen Quellen, auf die wir zurückgreifen können. Der nächste Schritt wird sein, die Handelsrouten der Kupferbarren zu rekonstruieren. Sind sie über Slowenien gekommen? Oder doch über die Adriaküste? Vielleicht erfahren wir so mehr über die norditalienische Dominanz am Kupfermarkt.“

Das Monopol des norditalienischen Kupfers hielt am Balkan über mindestens 500 Jahre an. Im Design der Alltagsgegenstände schlug sich dies allerdings nicht nieder. „Aus archäologischer Sicht ist es überraschend, dass dieser wirtschaftliche Handel zu keinem kulturellen Austausch geführt hat“, so Gavranović.

Nach einer Pressemeldung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Publikation

„Emergence of monopoly–Copper exchange networks during the Late Bronze Age in the western and central Balkans“, Mario Gavranović, Mathias Mehofer et al., PLOS ONE, 2021
DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0263823

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