Pompejanisches Haus in Virtual Reality

Wissenschaftler haben ein Haus aus Pompeji mit Hilfe von Virtual Reality nachgebaut, damit sie darin Experimente durchführen können, um die Motivation hinter römischen Designs besser zu verstehen.

Historische Aufzeichnungen zeigen, dass die visuelle Aufmerksamkeit ein wichtiger Aspekt der römischen Architektur war. Die Häuser wurden sorgfältig entworfen, um bestimmte Merkmale zu betonen oder andere zu verbergen.

Das Bild zeigt eine Probandin, die mit Hilfe einer VR-Brille und einem Joystick durch das römische Haus geht. Vor ihr befindet sich ein Bildschirm, der das Haus in Virtual Reality zeigt. Die Bereiche, die näher angesehen werden, sind farblich hervorgehoben (z.B. Wandmalereien oder Decken).
Das römische Haus in VR, mit hervorgehobenen Bereichen (Credit: Danilo M. Campanaro & Giacomo Landeschi)

„Arbeit und tägliche Aktivitäten wurden tagsüber miteinander vermischt. Das Haus vermittelte den Menschen die persönliche Macht und den Status des Besitzers und seiner Familie“, so Danilo Marco Campanaro, Doktorand an der Universität Lund und Mitautor der Forschungsarbeit.

Die Untersuchung dieses Elements der römischen Hausgestaltung war jedoch eine Herausforderung. Die Schäden, die durch jahrhundertelange Vernachlässigung, Verwitterung und Vulkanausbrüche verursacht wurden, verdecken viele der auffälligen Nuancen, die die Römer in ihre Häuser einbauten.

Fortschritte bei den Computerrekonstruktionen haben dazu beigetragen, Licht in diese Angelegenheit zu bringen, aber jetzt gehen Danilo Marco Campanaro und Dr. Giacomo Landeschi von der Universität Lund noch einen Schritt weiter. In ihrer in der Fachzeitschrift Antiquity veröffentlichten Studie wurden Freiwillige bei der Erkundung eines römischen Hauses in VR mit Hilfe von Raumanalyse und Blickbewegungsmessung beobachtet.

„Die Eye-Tracking-Technologie und Virtual Reality bieten jetzt noch nie dagewesene Möglichkeiten, die visuellen Qualitäten antiker Räume zu bewerten“, so Dr. Giacomo Landeschi. So konnten sie Experimente durchführen, bei denen sie die visuelle Aufmerksamkeit von Freiwilligen beim Rundgang durch das Haus maßen und verfolgten, was ihnen ins Auge fiel.

Blick auf das Modell (Credit: Danilo M. Campanaro & Giacomo Landeschi).

Die Freiwilligen erkundeten eine virtuelle Rekonstruktion des „Hauses der griechischen Epigramme“, eines beeindruckenden Hauses im Nordosten Pompejis, das einst mit üppigen Fresken geschmückt war. Es wurde beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. zerstört. Das Haus wurde in 3D modelliert, komplett mit restaurierten Gemälden, und in die Videospiel-Engine Unity importiert, um es in VR zu erkunden.

„Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, wie der Besitzer des Hauses die Sinne des Besuchers anregte, um eine Botschaft über seine Macht und seinen Reichtum zu vermitteln“, so Danilo Marco Campanaro.

Dies fügt sich in die wachsende Liste der architektonischen Tricks ein, die die Römer bei der Gestaltung ihrer Häuser anwandten. Frühere Forschungen hatten ergeben, dass einige Besitzer schräge Wände und erhöhte Böden verwendeten, um den Innenraum größer erscheinen zu lassen, wenn man ihn durch die Eingangstür betritt.

Diese ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass solche Experimente Aufschluss darüber geben können, warum die Römer ihre Häuser so gestalteten, wie sie es taten. Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass sie nur an der Oberfläche der Strategien kratzen, mit denen die Römer Besucher ihres Hauses beeindrucken wollten.

„Der nächste Schritt in dieser Studie könnte darin bestehen, die Ergebnisse mit multisensorischen Untersuchungen zu überlagern, die den Geruchssinn und das Gehör mit einbeziehen“, so Dr. Giacomo Landeschi.

Nach einer Pressemeldung der Zeitschrift Antiquity

Publikation

D. M. Campanaro / G. Landeschi, Re-viewing Pompeian domestic space through combined virtual reality-based eye tracking
and 3D GIS (2022).

Das könnte Sie auch interessieren!

Virtuelle Vergangenheit

Digitale Technologien drängen mit Macht in die Archäologie. Eine besondere Chance bietet die Virtualisierung: Virtuelle Rekonstruktionen von Objekten oder gar ganzer Lebenswelten schlagen eine Brücke von der Wissenschaft zur Öffentlichkeit, wecken Interesse und Verständnis für das kulturelle Erbe. Apps holen Funde aus dem Archiv und tragen sie in die Landschaft, bringen Ausgrabungsbefunde ins Museum oder gleich alles auf einmal ins heimatliche Wohnzimmer. Im Thema zeigen Fachleute exemplarisch die schier grenzenlosen Möglichkeiten.