Modernste Baumethoden im Aquädukt des Pontius Pilatus nachgewiesen

Forscher der Hebräischen Universität Jerusalem sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Pontius Pilatus, der aus der Bibel gut bekannte römische Statthalter Judäas, Jerusalem mit einem Aquädukt versah, das die fortschrittlichsten Baumethoden seiner Zeit aufgriff. Sie entdeckten, dass die historische Bausubstanz, deren unterirdischen Teile bis heute Wasser führen, einzigartige Methoden zur Nutzung des unterirdischen Grundwassers nutzte.

Die Studie wurde vom Susan and Roger Hartog Center am Institut für Archäologie der Hebräischen Universität organisiert und mit Hilfe von Freiwilligen des Cave Watchers Club durchgeführt. Sie ist Teil der Dissertation des Archäologen Azriel Yechezkel und erschien nun in der internationalen Zeitschrift Geoarchaeology. Die Forscher dokumentierten einen 500 Meter langen Abschnitt des Biar-Aquädukts, der aus einer feinen Quaderkonstruktion besteht, wie sie in Israel ihresgleichen sucht und bislang auch keine Parallelen aus der römischen Welt hat.

Untersuchungen im unterirdischen Teil der Biar-Wasserleitung in Jerusalem.
Untersuchungen im unterirdischen Teil der Biar-Wasserleitung in Jerusalem, dem vermutlichen Aquädukt des Pontius Pilatus. Foto: Hebräische Universität Jerusalem.

Insgesamt ist das Aquädukt etwa fünf Kilometer lang und besteht aus der namensgebenden Biar-Quelle, einem drei Kilometer langen unterirdischen Tunnel, unzähligen Schäften, die für dessen Anlage und Wartung in das Gestein gehauen wurden, einer Stauanlage, einem obertägigen Aquädukt und einer weiteren unterirdischen Passage, die einen Bergrücken durchquert. Südlich von Bethlehem beginnend, transportiert die Anlage Wasser in die sogenannten „Teiche Salomos“, von wo es weiter in die antike Stadt verteilt wurde.

Die Forscher Yechezkel, Negev, Frumkin und Leibner untersuchten und kartierten 1200 Meter der zugänglichen Passagen der Wasserleitung. Sie fanden heraus, dass die letzten 536 Meter des Tunnels in einer Bautechnik angelegt worden waren, die zur Entstehungszeit den modernsten Stand der Technik widerspiegelte und teilweise genau den Empfehlungen des römischen Architekturschriftstellers Vitruv folgt.

Je nach Beschaffenheit des umliegenden Gesteins wurden unterschiedliche Gewölbe- und Konstruktionsformen genutzt, um den Druck durch das umliegende Gestein und das hindurchfließende Wasser zu minimieren. Zunächst wurde ein breiter und hoher Gang durch den Berg getrieben, der dann von innen mit Stein ausgekleidet wurde. Unter den dafür genutzten Techniken finden sich Tonnengewölbe und dreieckige Giebelformen, teilweise auch abwechselnd. Durch diese Maßnahmen versuchte man das Risiko zu minimieren, dass der Tunnel durch den Druck des auf ihm lastenden Gesteins einbrechen würde. „Noch heute, etwa zweitausend Jahre nach seiner Errichtung, führt sein unterirdischer Teil Wasser und ist ein Beweis für das fortschrittliche technologische Wissen der Konstrukteure“, erklärt Yechezkel. „An manchen Stellen erreicht der Wasserstand noch heute fast die Decke“, teilt Negev mit.

Bekannt ist die Wasserleitung seit etwa 150 Jahren, in denen auch verschiedenste Vorschläge zu ihrer Datierung vorgebracht wurden. Durch die aktuelle Studie konnten erstmals wissenschaftliche Analysemethoden in dieser Frage eingesetzt werden: „Wir haben acht Holzkohleproben aus den in den Tunnel hinabführenden Schächten entnommen und ihr Alter mit einer wissenschaftlichen Methode zur Datierung organischer Materie bestimmt“, erklären die Forscher. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Anlage wahrscheinlich im Auftrag von Pontius Pilatus, dem berühmten römischen Statthalter von Judäa, errichtet wurde. Eine zeitgenössische Quelle gibt an, dass er ein Aquädukt für Jerusalem errichten ließ, und die Datierung der Biar-Wasserleitung spricht stark dafür, dass es sich um diese Anlage handelt. Die Funde zeigen auch, dass das Aquädukt im 2. Jh. n. Chr., nach der Zerstörung des alten Jerusalem im Bar-Kochba-Aufstand und der Gründung der römischen Stadt Aelia Capitolina, renoviert und instandgehalten wurde.

In zukünftigen Studien wollen die Forscher die anderen Teile der Biar-Wasserleitung untersuchen und versuchen, auch weitere der Aquädukte Jerusalems genauer zu datieren, als dies bisher möglich war.

Nach Pressemitteilung der Hebräischen Universität Jerusalem und einem Bericht der Jewish Press

Cover ANTIKE WELT 121

Das könnte Sie auch interessieren!

Jerusalem

Jerusalem ist nicht nur ein realer Ort und eine besonders bedeutende archäologische Stätte, es ist auch ein Vorstellungsort mit enormer Wirkkraft. Dem realen, antiken Jerusalem sind unsere Autorinnen und Autoren – allesamt aufs engste mit der Stadt verbunden – ebenso auf der Spur, wie den vielfältigen Vorstellungen bei Pilgern, Forschern, Politikern – und sogar Modellbauern.