Antike Kunst zeigt frühe Kamelhybriden

Archäologen haben bei der Restaurierung eines antiken Tempels im Irak, der vom sog. Islamischen Staat beschädigt wurde, Beweise für frühe Hybriden von Dromedaren und baktrischen Kamelen in den Kunstwerken gefunden.

Zwei Kamelhybriden flankieren eine sitzende Figur.
Nahaufnahme der Kamelhybriden im Fries, die eine königliche Figur flankieren (Foto: Aliph-ISMEO Projekt in Hatra).

Die Entdeckung wurde im Allat-Tempel in der Stadt Hatra gemacht, die etwa 70 km von Mosul entfernt liegt. Die beeindruckende antike Stadt war einst die Hauptstadt des Königreichs Hatra, wurde aber von 2015 bis 2017 durch den sog. Islamischen Staat (ISIS) stark zerstört.

Seitdem arbeiten die Aliph-ISMEO-Forschungsprojekte an der Restaurierung der Stadt. Dabei wurden unter der Leitung von Professor Massimo Vidale von der Università degli Studi di Padova in Italien in einem Fries im Allat-Tempel auf einem Türsturz über einer Tür Kamelhybriden entdeckt.

Frühere Studien hatten acht Dromedare und zwei baktrische Kamele in dem Fries identifiziert. Die in der Fachzeitschrift Antiquity veröffentlichte Untersuchung des Teams ergab jedoch, dass das Gesicht und das Fell der „baktrischen“ Kamele eher Hybriden aus baktrischen und Dromedar-Kamelen ähneln.

Bildfelder a) und b) zeigen jeweils ein Kamel, bei denen es sich wohl um Kamelhybriden handelt, c) zeigt ein Dromedar.
Vergleich der zweihöckrigen Kamele (a-b) mit Dromedaren (c) auf demselben Türsturz (Aliph-ISMEO Projekt in Hatra).

Außerdem gibt es eine begrenzte Einbuchtung zwischen den Höckern, wie sie bei modernen Hybriden zu finden ist. Solche Hybriden werden geschätzt, weil sie stärker und widerstandsfähiger sind als die Elterntiere.

Der Fries wurde wahrscheinlich während der Renovierung durch König Sanatruq I. und seinen Sohn Abdsamiya um 168 n. Chr. hinzugefügt. Bei diesen Renovierungsarbeiten fügten die Könige Statuen von sich selbst hinzu und widmeten die Anlage der Göttin Allat. Kamele scheinen für Allat ein heiliges Tier gewesen zu sein.

„Der Bau des Allat-Tempels scheint ein kühner Schachzug von König Sanatruq I. zu sein, der Allat – eine der wichtigsten vorislamischen arabischen Gottheiten – importierte“, so Professor Vidale.

Dabei wurden Beweise für die Hybridisierung von Kamelen gefunden. Es wird vermutet, dass die Hybridzucht schon seit Jahrtausenden stattfindet, aber die physischen Beweise sind begrenzt. Die ältesten bekannten Skelette von Kamelhybriden wurden im Römischen und Parthischen Reich gefunden und stammen aus dem 1. Jh. n. Chr. So trägt der Fries dazu bei, die Geschichte der frühen Kamelhybriden zu erweitern, da er zeigt, dass es auch außerhalb dieser mächtigen Reiche Zuchtprogramme gab.

Er wirft auch ein Licht auf das Königreich Hatra. Dieses kleine Königreich grenzte an das römische und das parthische Reich und hielt sogar einer Belagerung durch Trajan stand. Trotz der geringen Größe und der oft unfreundlichen Nachbarn zeigt der Fries, dass die Könige von Hatra in der Lage waren, genügend Reichtum anzuhäufen, um baktrische Kamele aus ihrer fernen zentralasiatischen Heimat zu importieren.
„Das Bild scheint eine präzise Botschaft auszudrücken – die direkte Beteiligung des Königs an den Praktiken der Kamelzucht, des Managements und der Hybridisierung“, so Professor Vidale. Eine solche Kontrolle über die besten Kamele würde dazu beitragen, die Macht der königlichen Familie zu festigen.

Das Bild deutet auch auf einige der politischen Intrigen des Königs hin, da es ihn mit dem heiligen Tier einer der wichtigsten vorislamischen arabischen Gottheiten in Verbindung bringt. „Indem er sich an arabische Gruppen wandte, unternahm der König einen wichtigen Schritt, um Hatra aus dem Schatten des Partherreichs zu lösen“, so Professor Vidale.

Diese Entdeckung gibt nicht nur Aufschluss über die Geschichte der Kamelzucht, sondern zeigt auch, wie sie dem Königreich Hatra – und insbesondere seinen Königen – zum Aufschwung verhalf.

Nach einer Pressemeldung von Antiquity

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