Mumie des Pharao Amenophis I.

Wissenschaftler packen die Mumie von Pharao Amenophis I. zum ersten Mal seit 3.000 Jahren digital aus.

Die Totenmaske des Pharao Amenophis I.. Mit Blumengirlanden geschmückt und bunten Steinen besetzt.
Die Totenmaske des Pharao Amenophis I. Foto: S. Saleem, Z. Hawass/Frontiers Science News
CT-Aufnahme des von Bandagen umhüllten Schädels unter der Maske.
CT-Aufnahme des von Bandagen umhüllten Schädels unter der Maske. Foto: S. Saleem, Z. Hawass/Frontiers Science News

Zum ersten Mal seit dem 11. Jahrhundert v. Chr. haben Wissenschaftler die Mumie von Pharao Amenophis I. (reg. 1525 bis 1504 v. Chr.), die einzige königliche Mumie, die in der Neuzeit ungeöffnet blieb, virtuell mit Hilfe von CT-Scans ausgepackt. Sie zeigen, dass der Pharao etwa 35 Jahre alt, 169 cm groß, beschnitten und in guter körperlicher Verfassung war, als er starb, offenbar eines natürlichen Todes.

Alle königlichen Mumien, die im 19. und 20. Jahrhundert gefunden wurden, sind seit langem für Studienzwecke geöffnet worden. Mit einer Ausnahme: Die Mumie von Pharao Amenophis I. haben sich die Ägyptologen nie getraut zu öffnen. Nicht wegen irgendeines mythischen Fluchs, sondern weil sie perfekt eingewickelt und mit wunderschönen Blumengirlanden geschmückt ist und Gesicht und Hals von einer exquisiten, mit bunten Steinen besetzten, lebensechten Maske bedeckt sind. Nun haben ägyptische Wissenschaftler zum ersten Mal dreidimensionale CT-Scans (Computertomographie) eingesetzt, um diese königliche Mumie „digital auszuwickeln“ und ihren Inhalt zu untersuchen. Sie berichten über ihre Ergebnisse in Frontiers in Medicine.

Dies war das erste Mal seit drei Jahrtausenden, dass die Mumie von Amenophis „geöffnet“ wurde. Das letzte Mal geschah dies im 11. Jahrhundert v. Chr., mehr als vier Jahrhunderte nach seiner ursprünglichen Mumifizierung und Bestattung. Hieroglyphen beschreiben, wie Priester damals königliche Mumien aus älteren Dynastien restaurierten und neu bestatteten, um die von Grabräubern verursachten Schäden zu beheben.

„Die Tatsache, dass die Mumie von Amenophis I. in der Neuzeit nie ausgepackt worden war, bot uns eine einzigartige Gelegenheit: Wir konnten nicht nur untersuchen, wie er ursprünglich mumifiziert und bestattet worden war, sondern auch, wie er zweimal, Jahrhunderte nach seinem Tod, von den Hohepriestern des Amun behandelt und umgebettet worden war“, sagte Dr. Sahar Saleem, Professorin für Radiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Kairo und Radiologin des Ägyptischen Mumienprojekts, Erstautorin der Studie.

Tod aus natürlichen Gründen

„Durch das digitale Auspacken der Mumie und das ‚Abschälen‘ ihrer virtuellen Schichten – der Gesichtsmaske, der Bandagen und der Mumie selbst – konnten wir diesen gut erhaltenen Pharao in noch nie dagewesenem Detail studieren“, so Saleem.

„Wir zeigen, dass Amenophis I. etwa 35 Jahre alt war, als er starb. Er war etwa 169 cm groß, beschnitten und hatte ein gutes Gebiss. In seinen Hüllen trug er 30 Amulette und einen einzigartigen goldenen Gürtel mit Goldperlen.“

Der Scan verrät: Pharao Amenophis sah seinem Vater sehr ähnlich. Er hatte ein schmales Kinn, eine kleine schmale Nase, lockiges Haar und leicht vorstehende obere Zähne.
Der Scan verrät: Pharao Amenophis sah seinem Vater sehr ähnlich. Foto: S. Saleem, Z. Hawass/Frontiers Science News

„Amenophis I. scheint seinem Vater körperlich geähnelt zu haben: er hatte ein schmales Kinn, eine kleine schmale Nase, lockiges Haar und leicht vorstehende obere Zähne.“

Saleem fuhr fort: „Wir konnten keine Wunden oder krankheitsbedingte Entstellungen finden, die die Todesursache rechtfertigen würden, abgesehen von zahlreichen Verstümmelungen post mortem, vermutlich durch Grabräuber nach seiner ersten Bestattung. Seine Eingeweide waren von den ersten Mumifizierern entfernt worden, nicht aber sein Gehirn oder Herz.“

Die Mumie von Amenophis I. (dessen Name „Amun ist zufrieden“ bedeutet) wurde 1881 zusammen mit anderen umgebetteten königlichen Mumien in der archäologischen Stätte Deir el Bahari im Süden Ägyptens entdeckt. Amenophis war der zweite Pharao der 18. ägyptischen Dynastie (nach seinem Vater Ahmose I., der die eindringenden Hyksos vertrieben und Ägypten wiedervereinigt hatte) und regierte von etwa 1525 bis 1504 v. Chr. Seine Zeit war eine Art goldenes Zeitalter: Ägypten war wohlhabend und sicher, während der Pharao religiöse Bauten anordnete und erfolgreiche Militärexpeditionen nach Libyen und in den Nordsudan führte. Nach seinem Tod wurden er und seine Mutter Ahmose-Nefertari als Götter verehrt.

Antike Umbettung

Saleem und ihr Mitautor, der Ägyptologe Dr. Zahi Hawass, hatten zuvor spekuliert, dass die Restauratoren aus dem 11. Jahrhundert vor allem die königliche Grabausstattung für spätere Pharaonen wiederverwenden wollten. Doch hier widerlegen sie ihre eigene Theorie.

„Wir zeigen, dass zumindest bei Amenophis I. die Priester der 21. Dynastie die von den Grabräubern zugefügten Verletzungen liebevoll reparierten, seine Mumie in ihrer früheren Pracht wiederherstellten und die prächtigen Schmuckstücke und Amulette an Ort und Stelle bewahrten“, so Saleem.

Hawass und Saleem untersuchten mehr als 40 königliche Mumien des Neuen Reiches im Rahmen des Projekts des ägyptischen Altertumsministeriums, das seit 2005 läuft. Zweiundzwanzig königliche Mumien, darunter die von Amenophis I., wurden im April 2021 in ein neues Museum in Kairo überführt. Das Gesicht der Mumie von Amenophis I. mit seiner Maske war das Symbol der spektakulären ‚Royal Golden Mummy Parade‘ am 3. März 2021 in Kairo.

„Wir zeigen, dass die CT-Bildgebung in anthropologischen und archäologischen Studien über Mumien, auch aus anderen Zivilisationen, wie zum Beispiel Peru, gewinnbringend eingesetzt werden kann“, so Saleem und Hawass abschließend.

Nach einer Pressemitteilung der Frontiers Science News.

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