Ein Hohlraum in der Arenamauer des römischen Amphitheaters von Richborough in Kent hat sich als Karzer oder Zelle zur Unterbringung von Menschen und Tieren erwiesen, wie English Heritage bekannt gab. Die Entdeckung war eine von mehreren, die während einer archäologischen Ausgrabung des römischen Amphitheaters durch die Wohltätigkeitsorganisation gemacht wurden, darunter das fast vollständige Skelett einer absichtlich vergrabenen römischen Katze und Spuren von gemalter Dekoration auf der Putzwand der Arena – das erste bekannte Beispiel eines römischen Amphitheaters in Großbritannien. Weitere Funde aus der Ausgrabung zeigen, dass die römische Besiedlung in Richborough möglicherweise bis zum Ende der römischen Herrschaft um die Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert andauerte. Diese Ausgrabung ist Teil einer umfassenden Renovierung und Neupräsentation der Stätte und des Museums, die in diesem Winter stattfinden und im Sommer 2022 eröffnet werden soll.
Das Amphitheater von Richborough bot den Bewohnern der Stadt einen Ort für öffentliche Spektakel und Unterhaltung wie Wildtierjagden, Hinrichtungen und Gladiatorenkämpfe. Die Ausgrabung hat weitere Beweise für die Bedeutung von Richborough als eine der wichtigsten römischen Stätten in Britannien erbracht, indem sie endlich Details über die Bauweise des Amphitheaters zutage förderte: Die Außenmauer der Arena war bis zu 6 m breit und bestand aus sorgfältig aufgeschichtetem Torf, wobei die Umrisse der einzelnen Torfstapel noch sichtbar sind. Die Innenwand, die die Arena begrenzte, bestand aus vermörtelten Kreideblöcken mit einer verputzten Oberfläche, auf der sich Farbspuren in einst leuchtenden Rot- und Blautönen befinden, eine für Amphitheater in Britannien bisher einmalige Entdeckung. Die Verwendung von Kreide und Torf als Baumaterialien ist eine aufregende Entdeckung, die vielleicht darauf hindeutet, dass das Amphitheater schon früh in der römischen Zeit, im 1. Jahrhundert n. Chr., gebaut wurde. Im Amphitheater wurde auch eine Besonderheit entdeckt, die erstmals bei der viktorianischen Ausgrabung im Jahr 1849 zum Vorschein kam, aber bisher unerklärt blieb. Die neuen Erkenntnisse aus der jetzigen Ausgrabung haben gezeigt, dass es sich dabei um einen Karzer, eine Zelle, handelt. In der Zelle mit ihren hohen, fast 2 m hohen Wänden wurden diejenigen festgehalten, die die Arena betraten, um ihr Schicksal zu erleiden, seien es wilde Tiere, Kriminelle oder Gladiatoren.
Bei den Ausgrabungen wurden zahlreiche kleine Funde gemacht, darunter geschlachtete Tierknochen, Münzen, persönliche Schmuckstücke und Keramikfragmente, die belegen, dass die römische Stadt Richborough bis zum Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. – der gesamten römischen Periode in Britannien – von Zivilisten bewohnt war. Eine ungewöhnliche und bewegende Entdeckung war das fast vollständige Skelett einer römischen Katze, die von dem Team, das sie freilegte, den Spitznamen Maxipus erhielt, und die offenbar absichtlich am Rande eines Grabens außerhalb des Amphitheaters in einem Bereich der häuslichen Siedlung vergraben wurde.
Paul Pattison, English Heritage Senior Properties Historian, sagte: „Die Entdeckungen, die wir bei den Ausgrabungen in Richborough gemacht haben, sind verblüffend und aufregend und verändern unser Verständnis von der Struktur des Amphitheaters und der Art der angrenzenden Siedlung in der Stadt dramatisch. Wir wussten schon immer, dass das römische Kastell in Richborough für die Römer bis zum Ende ihrer Herrschaft ein wichtiger Ort war, und jetzt konnten wir Beweise dafür sammeln, dass ein großer Teil der Stadt außerhalb des Kastells ebenfalls bis zum Ende besiedelt gewesen sein könnte.“
Tony Wilmott, leitender Archäologe bei Historic England, sagte: „Amphitheater sind eine einzigartige römische Schöpfung, und dieses hier – das bis zu 5000 Zuschauern Platz bieten konnte – wurde möglicherweise im 1. Jh. n. Chr. erbaut Die Hinweise auf gemalte Dekoration, die wir an der Arenawand gefunden haben – ein bisher einzigartiger Fund in Amphitheatern in Britannien – ist bemerkenswert und eine wunderbare Erinnerung daran, dass Aspekte der römischen Kultur im Ausland auch ein Merkmal des Lebens im römischen Britannien waren.“
Zu den verbleibenden Rätseln gehören zwei stark verbrannte rechteckige Flächen von leuchtend rot-oranger Farbe, bei denen es sich vermutlich um die Überreste römischer Gebäude handelt, die an der Torfaußenwand des Amphitheaters standen. Es ist noch nicht bekannt, welche Funktion diese Gebäude hatten, aber es ist möglich, dass sie auf beiden Seiten eines Eingangs standen, der zu den Sitzbänken der Arena führte. Ihre Zerstörung durch Feuer muss dramatisch gewesen sein, obwohl der Grund dafür unbekannt ist.
Die Ausgrabungen im Amphitheater von Richborough finden in Zusammenarbeit mit Spezialisten von Historic England zwischen Mitte September und Mitte November 2021 statt. Das Museum vor Ort wird im Winter 2021 umfassend renoviert und neu präsentiert und im Sommer 2022 eröffnet – ein Projekt, das dank der Unterstützung durch den National Lottery Heritage Fund möglich wurde.
Nach einer Pressemeldung von Heritage England
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