Funde zeigen Reichtum des Weltkulturerbes in Utrecht

An der Kuinderboslaan in Leidsche Rijn (Utrecht) haben Archäologen seltene Funde aus der Römerzeit entdeckt. Sie umfassen einen kompletten Artilleriepfeil und zwei Sätze Pferdegeschirr.

Der Pfeil ist 52,6 cm lang und gehört zu einer Balliste, der gefürchteten römischen Artillerie, mit der sich Eisenpanzer leicht durchbohren ließen. Er ist derzeit der einzige vollständig erhaltene Ballistenpfeil der Welt. Ebenso speziell sind zwei Sätze von Pferdegeschirren, die jeweils aus einem Kappzaum und einer Kandare bestehen. Es ist das erste Mal, dass beide Elemente zusammen in einem römisch-militärischen Kontext gefunden wurden.

Fotografie des Artilleriepfeils, der in Utrecht gefunden wurde. Erhalten ist sowohl die Pfeilspitze sowie der hölzerne Schaft.
Artilleriepfeil (Foto: Restaura).

Außergewöhnlich gut erhalten

Insgesamt wurden mehrere Dutzend archäologische Gegenstände im Boden gefunden, meisten von ihnen wurden an den Ufern des römischen Rheins. „Weil sie immer in feuchtem Lehm gelegen haben, geschützt vor Sauerstoff, sind viele Stücke außergewöhnlich gut erhalten“, sagt Stadtarchäologe Erik Graafstal. So wurde beispielsweise eine vollständige Fischreuse aus Weidenzweigen gefunden.

Die Funde sind von großem Wert für die internationale Archäologie und werfen unter anderem ein neues Licht auf die römische Militärausrüstung, religiöse Praktiken und Handelsströme vor 2000 Jahren. Heute wissen wir, dass auch das legendäre Pompeji dabei eine Rolle spielte. Denn es wurden Amphorenscherben mit Tintenresten einer Inschrift gefunden, die zeigt, dass Fischsauce „erster Qualität aus Pompeji“ in diese Region transportiert wurde. 

Rituelle Deponierung?

Einige der gefundenen Gegenstände sind einfach verloren gegangen, die Pfeile wurden vom Fort aus abgefeuert und die Falle wurde einfach am Ufer aufgestellt. Die kompletten Geschirrsätze für Pferde erfordern jedoch eine andere Erklärung. Sie fügen sich in die Tradition der „rituellen Deponierung“ von prestigeträchtigen Ausrüstungsgegenständen in Flüssen, Brunnen und Gruben – Opfergaben als Dank für die erbetene Unterstützung durch die Götter – ein.

Auch eine Reihe von Wäscheklammern, Ringen und Münzen würde in dieses Bild passen. Das Gleiche gilt sicherlich für ein oder zwei Gefäße, die offenbar absichtlich durchstochen wurden. Eins von ihnen trägt eine Inschrift: ISPANI, oder „von (H)ispanus“ – zweifellos der Soldatenname eines Rekruten aus Spanien.

Foto der beiden Geschirre. Die Kandaren bestehen jeweils aus einem langen Metallstück, das sich im Mund des Pferdes befindet und das an zwei seitlich angebrachten Metallstangen befestigt ist. Diese weißen an einem Ende Halterungen für das Zaumzeug auf, am anderen Ende befindet sich eine bewegliche, c-förmig gebogene Stange.  Der Kappzaum besteht aus zwei in einem 90° Winkel miteinander verbundenen, flachen Eisen, die leicht gebogen sind, so dass sie der Kopfform des Pferdes entsprechen. Der längere Bügel wird hinter die Ohren des Pferdes gelegt, der kürzere Bügel liegt somit auf dem Nasenbein auf. Beide Kappzäume weißen am kürzeren Bügel eine Verzierung in Form eines trapezförmig ausgeformten Metallstücks auf.
Depotfoto der Geschirre (Foto: Restaura).

Weltliche Entdeckungen in einer Welterbestätte 

Der Fundort ist Teil des Niedergermanischen Limes, der im vergangenen Sommer zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt wurde. In Utrecht gibt es nicht weniger als drei Welterbestätten auf dem Gebiet der Stadt. Soweit wir wissen, gibt es in keiner anderen Gemeinde der Welt so viele Welterbestätten.

Stadträtin Anke Klein (Kulturerbe) ist stolz: „Die Funde illustrieren den Reichtum des Utrechter Welterbes. Eine Fundgrube an Informationen. Gemeinsam mit den Bewohnern und vielen Organisationen machen wir das Welterbe auf besondere Weise sichtbar. Und so wird sie uns allen gehören. Ich lade alle ein – vor allem die Utrechter Bürgerinnen und Bürger – auf eine Entdeckungsreise durch die Geschichte zu gehen. Besuchen Sie die Welterbestätte oder eine der anderen besonderen historischen Stätten in unserer Gemeinde“.

Nach einer Pressemeldung der Gemeinde Utrecht

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