Neues RGZM-Projekt erforscht Kultpraxis in Olympia anhand zerstörter Weihgaben

Blick in das Heiligtum von Olympia. Rechts der um 600 v. Chr. errichtete Tempel der Göttin Hera, im Hintergrund links das von Philipp II. von Makedonien gestiftete Philippeion.
Blick in das Heiligtum von Olympia. Rechts der um 600 v. Chr. errichtete Tempel der Göttin Hera, im Hintergrund links das von Philipp II. von Makedonien gestiftete Philippeion (Foto: H. Baitinger/RGZM).

Mainz/Athen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Römisch-Germanische Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie (RGZM), um das Phänomen fragmentierter Weihgaben aus Bronze im Heiligtum von Olympia zu erforschen. Das auf drei Jahre angelegte Projekt erfolgt in Kooperation mit der Abteilung Athen des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und startet am 1. Januar 2022.

Mehr als 1000 Jahre lang war Olympia auf der Peloponnes eines der wichtigsten Heiligtümer der Mittelmeerwelt. Vom späten 2. Jahrtausend v. Chr. bis in das 5. Jahrhundert n. Chr. pilgerten Menschen dorthin, um sich mit Opfergaben göttlichen Beistand zu erbitten oder Dank abzustatten. Ein großer Teil dieser Weihgaben, sogenannte Votive, war aus Bronze gefertigt; sehr viele davon wurden ganz offenbar absichtlich zerstört. Tiefe Kerben und zersplitterte Klingenränder auf Waffen, Dreifüßen oder Tiergestalten zeugen von der menschlichen Bearbeitung. Ob rituelle oder ökonomische Gründe die Menschen damals veranlassten, die Votive zu zerteilen, wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am RGZM nun im Rahmen des DFG-Projekts unter Leitung von PD Dr. Holger Baitinger ergründen.

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Zerstörte Weihgaben – Platzmangel oder rituelle Handlung?

„Das Weihen von Objekten als Gabe für die Götter gehört zu den ältesten Sakralakten der Menschheit und ist neben Gebet und Opferhandlungen eine der meistgenutzten Formen, um mit einer Gottheit zu kommunizieren. In Olympia wurden die Gebäude und Freiflächen des Heiligtums geradezu mit Weihgaben überflutet. Wir wollen verstehen, warum die geweihten Objekte zerstört wurden. Brauchte die Heiligtumsverwaltung mehr Platz für die Massen an neuen Votiven? Oder waren die Zerstückelungen rituell motiviert?“, erklärt Projektleiter PD Dr. Holger Baitinger.

Im Zuge des Projekts vergleichen die Forschenden das olympische Material mit fragmentierten Objekten aus anderen griechischen Heiligtümern sowie aus bronzezeitlichen und früheisenzeitlichen Horten. „Durch die groß angelegte Studie wollen wir Muster identifizieren und strukturelle Übereinstimmungen oder Unterschiede herausarbeiten, um so ein tieferes Verständnis für die damalige Fragmentierungspraxis über kulturelle Grenzen alteuropäischer Gesellschaften hinaus zu erlangen“, führt Baitinger weiter aus. „Uns interessiert die Intention und Motivation der damaligen Menschen. Wir sind sehr gespannt, welche neuen Erkenntnisse wir aus den Funden lesen können.“

Das Römisch-Germanische Zentralmuseum und das Deutsche Archäologische Institut führen mit diesem Projekt ihre langjährige, enge Zusammenarbeit in Olympia fort.

Nach einer Pressemeldung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums.

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