Neue Arten von antiken Textilarten identifiziert

Eine Archäologin der Universität Warschau hat die Identität von Dutzenden bisher unbekannten Textilarten auf bronzezeitlichen Siegelabdrücken aus Griechenland identifiziert.

Dr. Agata Ulanowska machte ihre Entdeckung nach der Analyse der Silikonabdrücke und Plastilinabdrücke, die in Deutschland im Archiv des Corpus of Minoan and Mycenaean Seals an der Universität Heidelberg aufbewahrt werden.

Sie sagte: „Niemand hat geahnt, dass man durch die Analyse der Abdrücke unter anderem neue Erkenntnisse über Textilarten gewinnen kann. Inzwischen hat sich das Archiv des Heidelberger Corpus als eine Goldgrube an Informationen herausgestellt. Ich schätze, dass auf bis zu 1.600 Artefakten aus dem Archiv mehrere tausend Abdrücke von Textilien aufgedruckt sind.“

Bisher haben die Wissenschaftler nur Schnüre und Riemen auf diesen Drucken gesehen, während die Fülle der bedruckten Produkte enorm ist.

Die Abdrücke zeigen verschiedene Textilarten. Zu sehen sind u.a. Abdrücke von Seilen, glatte Abdrücke, vielleicht von Leder und Abdrücke von gewebten Textilarten.
Plastilinabdrücke der Böden von Tonsiegeln aus Lerna in Argolis in der Sammlung des Corpus of Minoan and Mycenaean Seals in Heidelberg, Credit: A. Ulanowska

Im Mittelmeerraum sind Siegel, um Besitz anzuzeigen oder den Zugang zu verschiedenen Arten von Räumen und Gegenständen zu sichern, seit mehreren tausend Jahren weit verbreitet. Siegel wurden an Türen angebracht, die mit einem Stift und einer Schnur verschlossen wurden, an Deckeln von Truhen, Kisten und Körben, an Auslässen von Gefäßen, die in Stoff eingewickelt und mit einer Schnur verschnürt wurden, sowie an Dokumenten (z. B. in Form von kleinen Paketen aus Pergament, die zusammengerollt und mit einer Schnur verschnürt wurden).

Tausende von Abdrücken auf Tonklumpen, die versehentlich durch Ausbrennen in Feuern fixiert wurden, haben bis in unsere Zeit überlebt. Nach dem Entfernen wurden die Tonsiegel weggeworfen oder für Verwaltungszwecke aufbewahrt, z. B. um die Anzahl der Eintritte in einen bestimmten Raum festzuhalten. Auf der Außenseite (dort, wo der Stempel angebracht wurde) sind die auf den Stempeln befindlichen Muster sichtbar. Sie umfassen geometrische und pflanzliche Motive, zahlreiche Tierdarstellungen, Inschriften in ägäischen Schriften und komplexe religiöse Szenen mit Menschen. Es ist unklar, ob und wie die Verzierung des Siegels mit der sozialen Funktion oder Stellung des Siegelbenutzers zusammenhing. Es ist jedoch bekannt, dass eine Person mehrere Siegel besitzen und benutzen konnte.

Dieser Reichtum gilt auch für Rohstoffe. Es war bekannt, dass ägäische Stoffe am häufigsten aus Leinen und Wolle hergestellt wurden. Dank der digitalen Mikroskopanalyse identifizierte die Forscherin acht Gruppen von Rohstoffen, darunter Baumphloem, Keulenbinsen, Weiden, Riemen, aber auch Leder mit Haaren, Glattleder und Pergament.

Ulanowska untersuchte Abdrücke aus zwei archäologischen Stätten, die wichtige administrative Zentren waren: Lerna in der Argolis und Phaistos auf Kreta. Sie sind zeitlich etwa 750 Jahre voneinander entfernt. Es stellte sich heraus, dass im letztgenannten Phaistos nicht nur eine größere Auswahl an Rohstoffen und Textilarten verwendet wurde, sondern auch mehr textile Techniken.

Sie sagte: „Zum ersten Mal haben wir greifbare Beweise für Veränderungen in der Textiltechnologie“ und wies darauf hin, dass in Phaistos Schnüre nicht nur auf verschiedene Arten gedreht, sondern auch geflochten wurden und dünne Bänder zum Binden verwendet wurden. Auch Abdrücke von Ledertaschen und Produkten aus Leder mit Fell sind erhalten geblieben.

Sie fügte hinzu: „Es ist klar, dass sich die Technologie der Herstellung von Textilien im Laufe der Zeit deutlich verändert hat, was Archäologen aufgrund der geringen Anzahl erhaltener Stoffe vorher nur vermuten konnten.“

Nach einer Pressemeldung von Science in Poland und dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft

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