Antike islamische Gräber weisen galaxienartiges Verteilungsmuster auf

Sudanesische islamische Gräber sind, laut einer in der Open-Access-Zeitschrift PLOS ONE veröffentlichte Studie, nach großräumigen Umweltfaktoren und kleinräumigen sozialen Faktoren verteilt, wodurch ein galaxienartiges Verteilungsmuster entsteht.

Die Kassala-Region im Ostsudan beherbergt eine Vielzahl von Grabmonumenten − von den islamischen Gräbern des modernen Beja-Volkes bis hin zu Jahrtausende alten Grabhügeln. Archäologen gehen nicht davon aus, dass diese Monumente zufällig platziert sind; ihre Verteilung wird wahrscheinlich von geologischen und sozialen Faktoren beeinflusst. Das Enträtseln der Muster der Gräberlandschaft kann einen Einblick in die alten kulturellen Praktiken der Menschen geben, die sie gebaut haben.

Das Foto zeigt die Überreste von Qubbas (Gräber mit Kuppeldächern) um den Jebel Maman. Die Gräber befinden sich in einer weitläufigen Graslandschaft und sind in Gruppen angeordnet, die auf ein bestimmtes Verteilungsmuster hindeuten.
Landschaftsansichten von verstreuten Qubbas rund um den Jebel Maman.  Foto: Stefano Costanzo (CC-BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

In der Studie sammelten Forscher einen Datensatz von über 10.000 Grabmonumenten in der Region, verteilt über 4000 km2, die durch Feldarbeit und Fernerkundung mit Satellitenbildern identifiziert wurden. Anschließend analysierten sie die Anordnung dieser Stätten mit Hilfe eines Neyman-Scott-Cluster-Modells, das ursprünglich zur Untersuchung räumlicher Muster von Sternen und Galaxien entwickelt wurde. Dieses Modell zeigte, dass sich die Gräber in Kassala zu Hunderten um zentrale „Mutter“-Punkte − genau wie Sterne um Zentren mit hoher Schwerkraft − gruppieren, die wahrscheinlich ältere, wichtige Gräber darstellen.

Die Autoren stellen die Hypothese auf, dass die großräumige Verteilung der Gräber durch die Umgebung bestimmt wird, wobei sich Gebiete mit einer hohen Gräberdichte auf Regionen mit günstiger Landschaft und verfügbaren Baumaterialien konzentrieren. Die Verteilung im kleineren Maßstab scheint ein soziales Phänomen zu sein, mit Gräbern, die häufig in der Nähe älterer Strukturen errichtet wurden, möglicherweise einschließlich jüngerer Familiengräber oder älterer Gräber von traditioneller Bedeutung. Dies ist das erste Mal, dass dieser kosmologische Ansatz auf die Archäologie angewandt wurde, was ein neues Werkzeug zur Beantwortung von Fragen über die Ursprünge archäologischer Stätten darstellt.

Die Autoren fügen hinzu: „Ein internationales Team von Archäologen entdeckte die umweltbedingten und gesellschaftlichen Triebkräfte, die der Entstehung der monumentalen Begräbnislandschaft im Ostsudan zugrunde liegen, mit einer neuartigen Anwendung fortschrittlicher georäumlicher Analysen.“

| Nach einer Pressemeldung von PLOS

Costanzo S, Brandolini F, Idriss Ahmed H, Zerboni A, Manzo A (2021) Creating the funerary landscape of Eastern Sudan. PLoS ONE 16(7): e0253511. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0253511

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