Felslack: Die Lösung eines langjährigen Rätsels

Petroglyphen sind in ein Material eingemeißelt, das «Felslack» genannt wird und über dessen Ursprung jahrelang diskutiert wurde. Jetzt argumentieren Wissenschaftler, dass dieser das Ergebnis eines Zusammenspieles zwischen Bakterien und einer von ihnen entwickelten Anpassung, die sie vor den harten Strahlen der Wüstensonne schützt, ist.

Wenn man irgendwo auf der Welt durch eine Wüste wandert, wird man irgendwann dunkel gefärbte Felsen bemerken, besonders dort, wo die Sonne am hellsten scheint und Wasser herunterrieselt oder sich Tau sammelt. Wenn man Glück hat, stößt man an manchen Stellen auf uralte Kunstwerke – Petroglyphen – die in die Flecken geritzt sind. Seit Jahren verstehen Forscher jedoch mehr über die Petroglyphen als den mysteriösen dunklen Fleck, «Felslack» genannt, in den sie gezeichnet wurden.

Insbesondere konnte die Wissenschaft bisher nicht klären, woher der «Felslack», der ungewöhnlich reich an Mangan ist, stammt.

Das Foto zeigt Petroglyphen. Der Felslack wird als schwarze Verfärbung auf dem Gestein sichtbar. Zu sehen sind anthropomorphe und abstrakte, geometrische Darstellungen, sowie Darstellungen von Tieren (Vögel, Cerviden) und Handabdrücke.
Petroglyphen im Mesa Verde National Park, Colorado (Foto: Christine Fry & Peter Russo)

Jetzt glauben Wissenschaftler am California Institute of Technology, am SLAC National Accelerator Laboratory des Energieministeriums und anderswo, eine Antwort zu haben. Laut einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung in den Proceedings of the National Academy of Sciences wird der Gesteinslack von mikrobiellen Gemeinschaften hinterlassen, die Mangan zur Verteidigung gegen die Wüstensonne nutzen.

Das Geheimnis des «Felslacks» ist alt, sagt Usha Lingappa, Doktorandin am Caltech und Hauptautorin der Studie. „Charles Darwin schrieb darüber, Alexander von Humboldt schrieb darüber“, sagte sie, und es gibt eine langjährige Debatte darüber, ob er einen biologischen oder anorganischen Ursprung hat.

Aber sie und ihre Kollegen wollten eigentlich nicht verstehen, woher der «Felslack» kommt, so Lingappa. Stattdessen interessierten sie sich dafür, wie mikrobielle Ökosysteme in der Wüste mit «Felslack» interagieren. Dazu setzten sie so viele Techniken ein, wie ihnen einfielen: DNA-Sequenzierung, mineralogische Analysen, Elektronenmikroskopie und – mit Hilfe des Stanford Synchroton Radiation Lightsource (SSRL)-Wissenschaftlers Samuel Webb – fortschrittliche Röntgenspektroskopie-Methoden, die verschiedene Arten von Mangan und anderen Elementen in Proben von Gesteinslacken kartieren konnten.

„Indem wir diese verschiedenen Perspektiven kombinieren, können wir vielleicht ein Bild von diesem Ökosystem zeichnen und es auf neue Weise verstehen“, sagte Lingappa. „Damit haben wir angefangen, und dann sind wir einfach über diese Hypothese gestolpert“.

Zu den wichtigsten Beobachtungen des Teams gehörte, dass Mangan im Wüstenstaub normalerweise in Form von Partikeln vorkommt, während es sich im Lack in kontinuierlicheren Schichten ablagert. Diese Tatsache wurde durch röntgenspektroskopische Methoden am SSRL aufgedeckt, mit denen nicht nur festgestellt werden kann, aus welchen chemischen Verbindungen eine Probe besteht, sondern auch, wie sie auf mikroskopischer Ebene in der Probe verteilt sind.

Dieselbe Analyse zeigte, dass die Art der Manganverbindungen im Lack das Ergebnis fortlaufender chemischer Zyklen war und nicht das Ergebnis einer jahrtausendelangen Lagerung in der Sonne. Diese Information, kombiniert mit dem Vorkommen von Bakterien namens Chroococcidiopsis, die Mangan nutzen, um die oxidativen Effekte der harten Wüstensonne zu bekämpfen, führte Lingappa und ihr Team zu der Schlussfolgerung, dass der «Felslack» von diesen Bakterien hinterlassen wurde.

Webb seinerseits sagte, dass er sich immer über ein Manganprojekt freut – „Ich bin schon seit einer Weile ein Manganfan“ – und dass dieses Projekt angesichts der Fortschritte in der Röntgenspektroskopie am SSRL zum perfekten Zeitpunkt kam. Verbesserungen bei der Größe des Röntgenstrahls erlaubten es den Forschern, ein feinkörnigeres Bild des Gesteinslacks zu erhalten, sagte er, und andere Verbesserungen sorgten dafür, dass sie einen guten Blick auf ihre Proben werfen konnten, ohne das Risiko, sie zu beschädigen. „Wir basteln immer weiter und feilen an den Dingen, und ich denke, es war der richtige Zeitpunkt für ein Projekt, das vor 5 oder 10 Jahren vielleicht nicht wirklich machbar gewesen wäre.“

Nach einer Pressemeldung des SLAC National Accelerator Laboratory

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