Die Olympischen Spiele in der Antike

Das Stadion von Olympia – Die Bühne der Sportler

Das Stadion von Olympia im heutigen Zustand, der dem antiken Zustand weitestgehend entspricht.
Olympia (Griechenland), Stadion (4. Jh. v. Chr.). Ansicht von Süd-Südost (© AKG / Herbert Kraft).

Auf den grasigen Hängen des Stadions fanden 45.000 Zuschauer Platz, viele blieben bis zum Abend, um dann zu kochen, zu es­sen, schließlich zu bleiben und unter den Sternen zu schlafen. Dem Publikum waren Schirme verboten, da sie die Sicht der Da­hinterstehenden beeinträchtigt hätten. Und so musste man den Tag über in der August­sonne braten.

Trotz der großen Schätze, die von ver­schiedenen Städten dem Heiligtum geschenkt und in den kleinen, thesauroi genannten Ge­bäuden ausgestellt wurden, gab es im Stadion seltsamerweise niemals Sitze oder Bänke aus Stein, wie es in vielen anderen Stadien üblich war. Vielleicht wollte man so die demokrati­sche Tradition des gemeinsamen Sitzens auf dem Rasen ohne soziale Unterschiede be­wahren.

Es gab nur zwölf steinerne Sitze in der Mitte der südlichen Langseite, auf denen die Schiedsrichter (hellanodikai) saßen. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich der Steinsitz der Priesterin der Demeter, Göt­tin der Fruchtbarkeit und der Vegetation, in Olympia noch früher als Zeus verehrt.

Die Stars der Arena

Ungefähr 1200 Jahre versammelten sich die Athleten der ganzen antiken Welt in Olym­pia, um ihr unter enormen Opfern erworbe­nes Können zu zeigen. Welche Belohnungen haben sie im Gegenzug erhalten? Einen Zweig von dem wilden Ölbaum beim Zeustempel, waren sie aber nach Hause zurückgekehrt, wurden sie mit Geschenken überhäuft: z. B. kostenlose Mahlzeiten auf Lebenszeit in Athen, eine Geldprämie im Gegenwert von 500 Schafen; sie wurden wie Heroen respek­tiert und wie Halbgötter verehrt. Die Olympi­oniken personifizierten das griechische Ideal der Tüchtigkeit (arete), des Kampfes um Perfektion. Sogar ihr Schweiß wurde wie eine Reliquie verehrt und als kostbare Ware ange­sehen; er wurde von der Haut mit einer Paste aus Öl und Sand geschabt, in Ampullen ge­füllt und als Wundersalbe verkauft.

Leider sind von den ihnen in Olympia ge­widmeten Denkmälern nur die Basen, aber nicht die Statuen erhalten, die sie in heroischer Pose und nackt wie die Götter darstellen.

Zwei Anekdoten warnen vor der brutalen Gewalt, die ohne Klugheit zum schlimmsten Feind werden kann:
Wir wissen, dass Poulydamas aus Skotoussa in Thessalien 408 v. Chr. im Pankra­tion siegte. Er war so stark, dass man sich von ihm unglaubliche Geschichten erzählte. Er soll mit bloßen Händen einen gigantischen Löwen auf dem Berg Olymp getötet haben, einen Wagen in vollem Lauf angehalten und ein andermal einen wilden Stier an den Hu­fen festgehalten haben. Pausanias schreibt, dass er sich wie Herakles gefühlt habe. Sein Ruhm kam bis zu Dareios II. in Persien, der ihn an seinen Hof einlud, an dem er mit blo­ßen Händen drei Soldaten der Auswahlgarde des Königs, der sog. Unsterblichen, besiegte. Aber eines Tages, als er gerade mit seinen Freunden in einer Höhle rastete, begann die Decke herabzufallen. Poulydamas vertraute auf seine Stärke und versuchte sie mit den Händen zu halten, seine Freunde entkamen unverletzt, aber er selbst wurde von den Fels­brocken erschlagen.[21]

Milon von Kroton siegte im 6. Jh. v. Chr. sechsmal in Olympia im Ringkampf. Er wurde so gefürchtet, dass viele Gegner sich einem Wettkampf verweigerten. Er soll ei­nen Stier auf seine Schultern geladen, ihn getötet und allein an einem Tag aufgeges­sen haben. Sogar seinen Tod umgibt ein Ge­heimnis. Sowohl Strabon als auch Pausanias berichten, dass er, als er gerade einen Wald bei Kroton durchquerte, auf einen jahrhundertealten Olivenbaum stieß, in dem Keile steckten. Diese fielen heraus, als er seine Hände hineinsteckte. Der Ärmste blieb ge­fangen und wurde eine leichte Beute für ein Rudel Wölfe.[22]

Das Ende der Spiele im Jahre 393 n. Chr.

Schon seit dem Hellenismus haben die Agone allmählich ihren religiösen Charakter zugunsten eines Spektakels verloren, an dem professionelle Athleten teilnahmen. Tertullian schreibt zwar noch im 2. Jh. n. Chr., dass alle Spiele zu Ehren der heidnischen Götter gefeiert werden, fordert aber die Christen auf, sich von einem solchen Götzendienst fernzuhalten. Ohne diesen ursprünglichen religiösen Hintergrund und nun verbunden mit dem Kommerz geriet der Berufssport immer mehr in die Kritik der Christen, die mit Constantinus (272−337 n. Chr.) mächtig wurden und die in den Spielen eine pagane Welt voller Gewalt und falscher Götter sahen. Im 4. Jh. n. Chr. verbot Theodosius I. (347−395 n. Chr.) die pagane Religion und ließ die Tempel schließen: „Der große Pan ist tot“.[23]

Wie viele auch noch dem alten Glauben anhingen, sie werden nicht geglaubt haben, dass die antiken Götter tot sein könnten, son­dern nur dass sie aus ihren eigenen Häusern vertrieben worden waren.[24] In der Folge wur­den nach 393 n. Chr. auch die Olympischen Spiele verboten, die von den Christen wegen der brutalen Gewalt abgelehnt wurden.

Die letzten überlieferten Namen von Olympioniken sind Warazdat aus dem armenischen Königshaus, der 369 n. Chr. bei den 287. Olympischen Spielen im Faustkampf siegte[25] oder M. Aurelius Zopyros aus Athen, der 385 n. Chr. im Faustkampf gewann.[26] Olympische Spiele wurden allerdings noch im Orient − wie in Antiocheia am Orontes − bis 520 n. Chr. ausgetragen, bis Iustinianus sie verbot, der sich selbst in den kostbaren Mosaiken von San Vitale in Ravenna als stol­zer Christ darstellen lässt.[27]

von Umberto Pappalardo, Pompeji – Masanori Aoyagi, Tokyo

Übersetzung aus dem Italienisch: Anemone Zschaetzsch

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Sonderheft der ANTIKEN WELT: Zu Ehren des Zeus

Höher, schneller, weiter: Bereits 776 v. Chr. trugen junge Männer in Olympia Wettkämpfe aus, um die Schnellsten und Stärksten unter ihnen zu finden. Bis 393 n. Chr. fanden die Olympischen Spiele alle 50 Monde im Heiligtum von Zeus auf der Peloponnes statt. Zuschauer und Teilnehmer nahmen weite Reisen auf sich, um die Wettkämpfe zu besuchen und so den griechischen Göttern ihre Verehrung zu bezeugen. Umberto Pappalardo, Professor für Klassische und Pompejianische Archäologie, nimmt den Leser mit auf einen sportlichen Streifzug durch das antike Griechenland