Die Olympischen Spiele in der Antike

Die Athleten der antiken Olympischen Spiele kämpften nackt, so wie auch die Götterstatuen nackt waren, die ihrerseits den bewunderten Körpern der Athleten nach­gebildet wurden. Für ihre Kraft und ihre Kühnheit wurden sie von allen bewundert. Manchmal starben sie durch die Schläge, die sie im Faustkampf erhielten. Beim Wagen­rennen konnte es geschehen, dass die Wagen in der Kurve umstürzten und dies zum Tod von Wagenlenkern und Pferden führte. Die Athleten riskierten lieber das eigene Leben, um der Schmach einer Niederlage zu entge­hen. Wie auch heute noch haben die Hingabe beim Training und die Anstrengung beim Wettkampf nur ein Ziel: den Sieg.

Diadumenos des Polyklet, der sinnbildlich für die Sieger der Olympischen Spiele gesehen werden kann. Männlicher Akt aus weißem Marmor in kontrapostischer Haltung: das linke Bein ist das Spielbein, das rechte das Standbein. Die Arme gehen zum Kopf. Dieser ist leicht nach vorne geneigt. Der Mann ist im Begriff, sich eine Siegerbinde umzubinden (als Band am Kopf erhalten).
Der siegreiche Athlet: Diadumenos, römische Marmorkopie nach einem Bronzeoriginal des Polyklet um 420 v. Chr. (Foto: akg-images / De Agostini Picture Lib. / G. Nimatallah)

Was erhielten sie nun als Gegenleistung für diesen großen Aufwand? Einen Oliven­zweig − undenkbar in unserer modernen Zeit, in der man oftmals an Millionengagen gewöhnt ist. Diesen Zweig hatten sie nach ih­rer Heimkehr getragen wie ein König seine Krone, und sie wurden wie Kriegshelden mit prächtigen Geschenken ausgezeichnet. Mit diesem Ziel vor Augen taten sie alles und wa­ren weit entfernt von dem fairen und stren­gen Verhalten bei den heutigen Olympischen Spielen.

Der wirklich große Preis aber war ein an­derer: die Erinnerung an sie und damit ihre Unsterblichkeit. Es war ihr Motiv, dass sie nach dem Sieg mit ihrer Statue geehrt wur­den, oft mit einem idealisierten Gesicht ähn­lich dem Antlitz der Götter, aber gewöhnlich versehen mit einer Inschrift, in der der Name, der Name der Familie, der Heimatort und die Disziplin verewigt waren.

Und die Verlierer? Für sie gab es weder Trostpreise noch Ruhm, und wenn sie nach Hause zurückkehrten, mussten sie sich oft­mals in dunklen engen Gassen verstecken, wie Pindar in einer Ode berich­tet.[1]

Leider ist von dem antiken Heiligtum in Olympia, in der die originalen Spiele stattge­funden haben, nicht genug übriggeblieben, um sich ein authentisches Bild von der At­mosphäre der Agone zu machen. Die Spiele wurden zu Ehren des Götter­vaters Zeus abgehalten, sein Tempel liegt seit einem Erdbeben im 4. Jh. n. Chr. in Trüm­mern. Vor seinem Tempel erhob sich auf ei­nem hohen dreieckigen Postament die Sta­tue einer Victoria, die bei den Griechen Nike hieß. Sie war ein Weihgeschenk nach einem erfolgreichen Krieg[2], könnte aber hier gleich­zeitig den agonistischen Geist der Spiele per­sonifizieren. Sie ist im Flug dargestellt wie alle diese unerwartet erscheinenden Gotthei­ten, weil − wie sogar Napoleon sagte − das Leben aus vielen Schlachten bestehe: aus de­nen, die man glaubt zu gewinnen und sie ver­liert, sowie aus denen, die man zu verlieren glaubt und sie gewinnt.

Das für die athletischen Wettkämpfe be­stimmte Stadion war ein einfacher Platz aus gestampfter Erde, aber einst setzten sich 45000 bis 50000 Griechen auf die Böschung und ju­belten. Die Ursprünge von Olympia sind sehr alt und reichen bis mindestens 2800 v. Chr. zurück. Und Zeus, der Gott von Blitz und Don­ner, wurde seit mindestens 1000 v. Chr. verehrt.

Die Organisation der Wettkämpfe

Wie aber begannen die Spiele? Die an­tiken Schriftsteller berichten von religiösen Riten zu Ehren des Zeus, etwa einem Wett­lauf der Jünglinge zum Altar des Gottes. Die ersten offiziellen Wettkämpfe begannen 776 v. Chr. und wurden ohne Unterbrechun­gen alle vier Jahre wieder ausgetragen. Alle freien griechischen Bürger konnten daran teilnehmen. Ausgeschlossen waren Skla­ven, Frauen und Fremde, die man Barbaren nannte, weil sie nicht griechisch sprachen. Die Wettkämpfe begannen am ersten Voll­mond des August.

Das Reglement war streng, und Pindar nennt die Gesamtheit dieser Regeln die „Gesetze des Zeus“.[3] Das bedeutet, dass ein Ver­stoß schwerwiegend war, da er eine Kränkung der Gottheit bedeutete.

Die Athleten reisten einen Monat vor Be­ginn der Spiele nach Elis, sowohl um zu trainieren, als auch um von den Hellanodikai, den Kampfrichtern, überprüft zu werden:

Wenn ihr euch durch Arbeit als würdig erwiesen habt, nach Olympia zu gehen und nicht leichtsinnig und unedel gewe­sen seid, so geht getrost! Wer sich aber nicht so vorbereitet hat, der gehe, wohin er will ![4]