Jebel Sahaba: Kein Krieg, sondern Abfolge von Gewalt

Seit den 1960er Jahren ist das Gräberfeld von Jebel Sahaba (Niltal, heutiger Sudan) zum Sinnbild für Krieg in der Vorgeschichte geworden. Eine erneute Analyse der Daten spricht jedoch für eine Abfolge von kleineren Konflikten. Die Konkurrenz um Ressourcen ist wahrscheinlich eine der Ursachen für die Konflikte, die in diesem Gräberfeld beobachtet wurden.

Diese Menschen verstarben nicht in einem Krieg, sondern bei einer Reihe von bewaffeneten Konflikten. Ihre Skelette sind zu sehen-
Archivfoto zur Illustration des Doppelgrab der Individuen JS 20 und JS 21 mit Bleistiften, die die Position der zugehörigen lithischen Artefakte anzeigen. Credits: Wendorf-Archiv, Britisches Museum.

Neue Untersuchungen

Der 13.000 Jahre alte Friedhof von Jebel Sahaba (Niltal, Sudan) galt seit seiner Entdeckung in den 1960er Jahren als eines der ältesten Zeugnisse für Krieg in der Prähistorie gewertet. Doch Wissenschaftler haben die Knochen, die im Britischen Museum aufbewahrt werden, neu analysiert und ihren archäologischen Kontext neu bewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass es sich nicht um einen einzigen bewaffneten Krieg handelt. Sondern vielmehr eine Abfolge von Gewaltepisoden, die wahrscheinlich durch den Klimawandel verschärft wurden.

Viele der am Jebel Sahaba bestatteten Individuen tragen Verletzungen. Die Hälfte davon verursacht durch Projektile. Deren Spitzen entweder in den Knochen steckten oder sich in der Aufschüttung, in der sich die Leiche befand, befand. Bisher war die These, dass die Verstorbenen teil eines einzigen bewaffneten Konflikts waren. Bis jedoch ein Team von Anthropologen, Prähistorikern und Geochemikern für eine neue Studie tausenden von Knochen neu analysierte. Zudem untersuchten sie etwa hundert zugehörige lithischer Stücke und den gesamten Grabkomplex von 2013 bis 2019. Den inzwischen ist das Areal verloren gegangen, da es jetzt vom Assuan-See überflutet ist.

Die Knochen von 61 Individuen wurden erneut untersucht. Zudem führten die Forschenden mikroskopische Analysen durch, um Verletzungen von Schäden zu unterscheiden, die nach der Bestattung entstanden sind. Dabei identifizierten sie etwa hundert neue Läsionen. Darunter sowohl verheilte als auch einige davon mit zuvor unerkannten lithischen Abschlägen, die noch in den Knochen eingebettet waren.

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Gleiche Verletzungen

Unter Zusätzlich zu den 20 bereits identifizierten Individuen weisen 21 weitere Skelette Läsionen auf. Diese weisen fast alle auf einen Krieg hin, wie Spuren von Projektileinschlägen oder Frakturen. Darüber hinaus weisen 16 Individuen sowohl verheilte als auch unverheilte Verletzungen auf, was eher auf wiederholte Gewaltepisoden im Laufe des Lebens einer Person als auf einen einzelnen Konflikt hindeutet. Diese Hypothese wird durch die Tatsache unterstützt, dass einige Skelette durch spätere Bestattungen gestört zu sein scheinen. Überraschenderweise scheinen Männer, Frauen und Kinder über die gleiche Anzahl und Art der Verletzungen zu verfügen. Und auch die Richtung der Projektile war gleich.

Diese neuen Daten zeigen auch, dass die Mehrzahl der Verletzungen durch zusammengesetzte Projektile, Wurf Wurfwaffen (Pfeile oder Speere), die aus mehreren scharfen lithischen Stücken bestehen, von denen einige seitlich eingebettet sind. Das Vorhandensein von unterschiedlich geschliffenen Spitzen, mit Variationen in der Ausrichtung der Schneide Das Vorhandensein verschieden geschliffener Spitzen mit unterschiedlicher Ausrichtung der Schneide deutet darauf hin, dass der beabsichtigte Zweck darin bestand, das Opfer zu zerfleischen und auszubluten.

Projektil-Einschlagspunkt mit einem eingebetteten lithischen Fragment in der hinteren Oberfläche des linken Hüftknochens von Individuum JS 21. Credits: Isabelle Crevecoeur/MarieHélène Dias-Meirinh.

Neue Forschungen in der Zukunft?

Diese neuen Ergebnisse verwerfen die Hypothese eines Katastrophenfriedhofs, der mit einem einzigen Krieg verbunden ist. Stattdessen deutet dieser Fundort auf eine Abfolge von begrenzten Überfällen oder Hinterhalten gegen diese Jäger-Fischer-Sammler hin, zu einer Zeit großer klimatischer Veränderungen (Ende der letzten Eiszeit und Beginn der afrikanischen Feuchtperiode).

Die Konzentration von archäologischen Stätten verschiedener Kulturen in einem so begrenzten Gebiet des Niltals zu dieser Zeit legt nahe, dass diese Region ein Rückzugsgebiet für menschliche Populationen gewesen sein muss, die diesen klimatischen Schwankungen ausgesetzt waren.

Die Konkurrenz um Ressourcen ist daher wahrscheinlich eine der Ursachen für die Konflikte, die auf dem Friedhof von Jebel Sahaba beobachtet wurden. Diese Analyse, die die Geschichte der Gewalt in der Vorgeschichte verändert, lädt dazu ein, andere Stätten aus der gleichen Zeit neu zu betrachten.

Nach Pressemeldung des CNRS.

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