Marmorplatten-Herstellung in Rom war effektiver als heute

Zu sehen ist die Villa in Ephesos, deren Boden mit Marmorplatten verkleidet wurde
Halle der altrömischen Villa in Ephesos mit den restaurierten Marmorplatten, die nun genauer untersucht worden sind, Credits: Sinan Ilhan.

Analyse von Wandverkleidung aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus liefert neue Erkenntnisse

Bei Gedanken an die Bauwerke der Römischen Kaiserzeit gehen vielen Menschen Bilder von weißen Marmorstatuen, -säulen oder -platten durch den Kopf. Tatsächlich dekorierten die Römer damals viele Gebäude und Plätze mit Marmor, aber viele nicht mit weißem, sondern mit buntem Marmor, zum Beispiel dem grüngestreiften Cipollino Verde. Dessen Abbaugebiet lag auf der griechischen Insel Euböa. Weil Marmor sehr teuer war, brachte man ihn häufig in dünnen Platten als Verkleidung auf anderen, billigeren Steinen an.

„Bisher wurden aber keine Überreste von Marmorwerkstätten aus der Römischen Kaiserzeit gefunden, deshalb ist noch wenig über die Marmorverarbeitung in dieser Zeit bekannt“, sagt Prof. Dr. Cees Passchier vom Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Mainz sowie aus der Türkei und aus Kanada hat er nun die Marmorverkleidung einer römischen Villa aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. analysiert. Wie die Forscher in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Journal of Archaeological Science: Reports berichten, benutzten sie dabei eine spezielle Software zur 3D-Modellierung von geologischen Strukturen. Dadurch stellten sie unter anderem fest, dass der Materialverlust bei der Produktion von Marmorplatten damals womöglich niedriger war als er es heute ist.

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Rekonstruktion des Herstellungsprozesses

Die Forschende untersuchten, fotografierten und vermaßen 54 bereits restaurierte, jeweils rund 1,3 Quadratmeter große Marmorplatten aus Cipollino Verde. Man verwendete sie zur Verkleidung von Wänden der Villa im antiken Ephesos, die an der Westküste der Türkei lagen. Aufgrund von Sägespuren, die sich an einer der Platten befinden, wird angenommen, dass die Platten mit hydraulischen Sägen aus Metall produziert wurden. Außerdem rekonstruierten sie anhand der Musterung der Platten, dass man 40 davon aus einem einzigen, drei bis vier Tonnen schweren Marmorblock sägte.

Und dann anschließend in der Reihenfolge, in der sie produziert, auch an den Wänden montiert worden waren. Zudem brachte man sie in jeweils spiegelverkehrten Paaren nebeneinander an, wodurch klecksbildähnliche Ansichten entstanden. Schließlich erstellten die Forschenden mithilfe der Software ein dreidimensionales Modell des Marmorblocks. Dadurch konnten sie wiederum Rückschlüsse auf den Materialverlust bei der Herstellung der Platten ziehen: „Die Platten sind ungefähr 16 Millimeter dick und die durch das Sägen. Anschließend verursachte das Polieren Lücken zwischen ihnen ungefähr 8 Millimeter. Der durch die Herstellung verursachte Materialverlust liegt also bei etwa einem Drittel. Also unter den Werten vieler heutiger Marmorproduktionen“, sagt Passchier. „Damit war die Marmorgewinnung in der Römischen Kaiserzeit erstaunlich effizient.“

Die Forscher stellten auch fest, dass man aus dem ursprünglichen Marmorblock 42 Platten sägte. Aber das man zwei davon nicht an den Hallenwänden angebrachte. „Diese Marmorplatten sind vermutlich zerbrochen. Und zwar vermutlich beim Polieren oder dem anschließenden Transport, darauf deutet die Anordnung der Platten an den Hallenwänden hin“, sagt Passchier. „Damit läge der Anteil des Verlusts durch Bruch bei 5 Prozent. Das wäre ebenfalls ein erstaunlich niedriger Wert. „Aufgrund dieses geringen Verlusts geht Passchier davon aus, dass der Marmorblock erst lokal in Ephesos verarbeitet wurde.

Nach Pressemeldung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

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