Digital-Kuratorin am DSM: Von der Antike in die Zukunft

Was wollen Museumsgäste sehen? Wie können sie mittels interaktiver Tools mehr Details am Exponat entdecken? Als Digital-Kuratorin baut Isabella Hodgson Brücken vom Analogen zum Digitalen, als Archäologin von der Antike in die Gegenwart. Sie forschte lange zur hellenistischen Keramik. Seit einigen Jahren schlägt ihr Herz immer lauter fürs Digitale und für das Meer sowieso.

„In Griechenland schmückt man an Weihnachten keinen Tannenbaum, sondern ein Schiffsmodell und stellt es sich ins Wohnzimmer“, erzählt die gebürtige Münchnerin und stellt fest, dass Schiffe und Meer ihr unter der Haut stecken. Ob als Ferienkind an der Alster oder als Doktorandin in Athen. Obwohl sich die Bayerin lange auf antike Töpferkunst konzentrierte, blieben Küstenbrise und Wellengang treue Begleiter. Recherchen für ihre Doktorarbeit führten sie auf diverse griechische Inseln. Die entschleunigten Fahrten mit dem Schiff dorthin wirken noch immer nach: Die maritime Verbundenheit haftet Hodgson an. Das Meer als Sehnsuchtsort tauchte schlaglichtartig überall auf, es ziert Meißner Porzellan, antike Vasen – im Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte liegt es quasi vorm Schreibtisch der Wahl-Bremerhavenerin.

Hodgson liebt das Herumkommen und den Weitblick – es liegt in der Familientradition: Den Nachnamen verdankt sie ihrem amerikanischen Großvater. Ihr Vater wuchs auf der Westseite des Atlantiks auf – sie in München. Nach dem Studium der Archäologie, Geschichte und Mineralogie in Würzburg und Neapel sowie Stationen an der Universität Bonn, in einem Forschungsinstitut in Athen und im Keramikmuseum Düsseldorf steht nun Bremerhaven als Stopp im Lebensfahrplan.

Fotografie von Isabella Hodgson, die neue Digital-Kuratorin am DSM.
Isabella Hodgson ist Digital-Kuratorin im Schifffahrtsmuseum. (Foto: DSM / Annica Müllenberg)

Im November ankerte sie im DSM und trat die Stelle der Digital-Kuratorin an. Von jahrtausendealter Keramikkunst in die technisierte, schnelllebige Zukunft? Für die Archäologin ist das kein Widerspruch: Die Stelle fordere ihr Talent und komme der Vision „digitales Museum“ näher. Ihre Passion startete mit der Gründung eines eigenen virtuellen Museums – dem Pseudeion. (www.pseudeion.eu), in dem sie verlorene oder nicht existente Kuriositäten ausstellte. In Bremerhaven schlägt sie eine Brücke vom Analogen zum Virtuellen. „Mein Traum war immer das Museum, Impulse von Besuchern aufzugreifen und Wissen zu vermitteln“, erzählt die 40-Jährige, die bereits im Keramikmuseum die Frau fürs Digitale war und das Haus in die grenzenlose Moderne begleitete.

Digitales und Museum verschränken sich ihrer Meinung nach am besten in interaktiven und persönlichen Begegnungen. „Bereits in der Stellenanzeige wurde deutlich, dass die Erfassung von 3D-Modellen und die Implementierung verschiedener digitaler Angebote keine einsame Aufgabe im stillen Kämmerchen ist. Das hat mich neugierig gemacht.“ Die Digital-Kuratorin vernetzt und berät quer durch alle Abteilungen und entwickelt Ideen für einen grenzenlosen Museumsbesuch. Im Team arbeitet sie eng mit IT-Spezialisten und einem Medienwissenschaftler zusammen, vernetzen will sie sich mit möglichst vielen Mitarbeitenden im Haus. Es wird nicht nur an 3D-Modellen getüftelt, sondern viel gesprochen. Als Beraterin tauscht sie sich mit den Kurator*innen aus und sucht mit ihnen Wege, analoge Projekte digital zu ergänzen. Im Geist wälzt sie die Fragen: Was wollen die Gäste sehen? Wie kann das Wissen um Exponate interaktiv vermittelt werden, damit Kinder und Senior*innen es spannend finden? Mit dem Team der Abteilung Bildung und Vermittlung entwickelt sie dazu neue interaktive Wissensangebote.

Der Vernetzungskreis schließt sich in der Kooperation mit der Besucherforschung, die erfasst, was bei den Gästen ankommt und was nicht. „Meine Tätigkeiten sind sehr kreativ und abwechslungsreich. Ich möchte möglichst viele Stimmen im Haus zum Sprechen bringen und stehe deshalb permanent im Austausch mit vielen Mitarbeitenden.“ Als Ort für alle soll ein Besuch im DSM physisch und digital ohne Hindernisse möglich sein. Hodgson denkt daher barrierefrei und inklusiv. „Mein Traum ist die Vernetzung der analogen und digitalen Angebote für alle Zielgruppen. Ich möchte, dass unsere Gäste ein partizipatives, interaktives und inklusives Museumserlebnis haben und die Ausstellungen sowohl von zuhause als auch vor Ort bei uns entdecken. Alle technischen Raffinessen sollen den physischen Besuch nicht ersetzen, sondern motivieren, zu uns zu kommen.“

| Nach einer Pressemeldung des Deutschen Schifffahrtsmuseums – Leibniz Institut für Maritime Geschichte


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