Buddhistische Bildnisse in Bits und Bytes

In der Frühzeit des Buddhismus wurde Buddha ausschließlich symbolisch dargestellt. Dies änderte sich schlagartig um die Zeitenwende in der Region Gandhāra, die im heutigen Afghanistan und nördlichen Pakistan liegt. Auf Münzen, in Reliefbildern und Skulpturen erschien Buddha nun erstmals in menschlicher Gestalt. Die Abbildungen zeigen ihn mit individuellen Gesichtszügen, zum Dutt geflochtenem Haar und in detailreichem Gewand. Ein Bochumer Forschungsteam vom Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) der Ruhr-Universität Bochum (RUB) widmet sich nun diesen ersten Darstellungen Buddhas als Mensch.

Im Projekt Digitization of Gandharan Artefacts, kurz DiGA, wird ein Team unter der Leitung von Prof. Dr. Jessie Pons und Dr. Frederik Elwert in den nächsten drei Jahren über 1.750 Artefakte aus Gandhāra digitalisieren und als Online-Katalog aufbereiten. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.

Sammlungen aus Pakistan

Im Mittelpunkt der Forschung stehen dabei die umfangreichen Sammlungen des Dir Museums im pakistanischen Chakdara und ausgewählte Funde der italienischen Grabungsmission in Saidu Sharif, Nordpakistan. „Beide Sammlungen umfassen hervorragend erhaltene archäologische Artefakte wie Statuen und Reliefs von 13 Grabungsstellen“, erklärt Religionswissenschaftlerin Pons. Unter den Funden seien Buddhas, Bodhisattvas, Schutzgottheiten und Auftraggeber der Steinmetzarbeiten oder wichtige Szenen aus dem Leben von Buddha Siddhārtha Gautama. „Die beiden Sammlungen stechen dabei besonders heraus, weil der archäologische Kontext besonders gut dokumentiert wurde und es zahlreiche Rückschlüsse auf die Entstehungszeit gibt“, so Pons über die Bedeutung der Sammlung.

Ein Forschungsteam der RUB bereitet buddhistische Artefakte digital auf (© CERES, DiGA-Projekt).

Digitalisierung buddhistischer Objekte

Die Bochumer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verfolgen mit dem Projekt gleich mehrere Ziele. Zunächst möchten sie einen Korpus erstellen und darin die Artefakte als 2D-Bilder und ausgewählte Stücke als 3D-Objekte erfassen. „Dieses Korpus soll einen detaillierteren wissenschaftlichen Blick auf die buddhistische Kunst von Gandhāra und diese wichtige Epoche in der südasiatischen Kulturgeschichte ermöglichen“, erläutert RUB-Forscherin Pons das Vorhaben. Der sogenannte Gandhāra-Stil habe die buddhistische Kunst über die Seidenstraße bis nach China, Korea und Japan geprägt.

Zudem möchten die Forscherinnen und Forscher eine Karte erstellen, in denen die Fund- und Produktionsorte aufgeführt werden, um die Entstehung und die Entwicklung von Bildhauerschulen oder einzelnen Steinmetzen nachverfolgen zu können. Welche Vorbilder wurden für die Buddha-Darstellungen gewählt? Welche Stilelemente weisen auf einen bestimmten Produktionsort hin?

Kulturelles Erbe weltweit zugänglich machen und schützen

Darüber hinaus möchte das Projekt einen Beitrag zum Schutz dieser kulturgeschichtlich bedeutsamen Artefakte leisten. „Durch eine Online-Plattform wollen wir die Buddha-Abbildungen über die lokal angelegten Sammlungen hinaus weltweit digital zugänglich machen. Die Digitalisierung leistet auch einen Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes“, erklärt Frederik Elwert.

Ferner dient das DiGA-Projekt auch dazu, neue Möglichkeiten, wie sie die Digital Humanities anbieten, sinnvoll miteinander zu verknüpfen, und neue Methoden, wie etwa Linked-Open-Data-Technologien, anzuwenden und an einem konkreten Beispiel weiterzuentwickeln. „Mit den gewonnenen Erfahrungen und erarbeiteten Standards soll das Projekt zugleich Orientierung für künftige Digitalisierungsvorhaben bieten“, so der Religionswissenschaftler und Digital-Humanities-Koordinator Elwert.

Kooperationspartner

Das Forschungsteam der RUB arbeitet mit einem Netzwerk aus internationalen Partnern und Fachleuten zusammen. Dazu zählen das Direktorium für Archäologie- und Museumsangelegenheiten der pakistanischen Provinz Khyper Pakhtunkhwa, die Universitätsbibliothek Heidelberg und die italienische Ausgrabungsmission in Pakistan. Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Förderprogramm eHeritage gefördert und läuft von Februar 2021 bis Januar 2024.

| Nach einer Pressemeldung der Ruhr-Universität Bochum.


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