„Schlamm-Panzer“-Behandlung ägyptischer Mumie aufgedeckt

Eine neue Analyse eines mumifizierten Individuums aus der 20. Dynastie enthüllt ihren seltenen „Schlamm-Panzer“, so eine am 3. Februar 2021 in der Open-Access-Zeitschrift PLOS ONE veröffentlichte Studie von Karin Sowada von der Macquarie University, Sydney, Australien, und Kollegen.

Studien von mumifizierten Körpern aus dem späten Neuen Reich bis zur 21. Dynastie (ca. 1294-945 v. Chr.) haben gelegentlich über eine harte harzige Schale berichtet, die den Körper innerhalb seiner Umhüllung schützte, insbesondere bei königlichen Mumien dieser Zeit. Hier beschreiben Sowada und Kollegen ihre Entdeckung eines seltenen bemalten Schlammpanzers, der eine erwachsene Mumie im Chau Chak Wing Museum in Sydney umschloss.

Sir Charles Nicholson kaufte den mumifizierten Körper, den mit einem Deckel versehenen Sarg und das Mumienbrett als Set während einer Reise nach Ägypten in den Jahren 1856-7 und schenkte es 1860 der Universität von Sydney. Die Sarginschrift identifiziert die Besitzerin als eine betitelte Frau namens Meruah, und die Ikonographie datiert sie auf etwa 1000 v. Chr. Obwohl das mumifizierte Individuum 1999 einer vollständigen Computertomographie (CT) unterzogen wurde, haben die Autoren den Körper für die aktuelle Studie erneut gescannt und dabei die neueste Technologie verwendet.

Aufnahmen der Mumie, die in einen "Schlamm-Panzer" gehüllt wurde, sowie die CT-Aufnahmen der Mumie. Die CT-Aufnahmen zeigen jeweils den Querschnitt des Kopfes, der Brust, des Magens, des Beckens sowie zwei Abschnitte der Beine.
Neue Ansichten: Die mumifizierte Frau, die zur Konservierung in eine moderne Hülle gehüllt wurde, und ihr Sarg (links) sowie CT-Aufnahmen, die Queransichten des Panzers an verschiedenen Stellen zeigen. Bildnachweis: Chau Chak Wing Museum und Macquarie Medical Imaging

Anhand dieser neuen Visualisierung des Gebisses und des Skeletts stellten die Autoren fest, dass es sich bei dem mumifizierten Individuum um einen jungen mittleren Erwachsenen (26-35 Jahre) handelt. Obwohl die Körperscans keine äußeren Genitalien erkennen ließen und die inneren Fortpflanzungsorgane während des Mumifizierungsprozesses entfernt worden waren, deuten die knöchernen sekundären Geschlechtsmerkmale (Hüftknochen, Kiefer und Schädel) stark darauf hin, dass das mumifizierte Individuum weiblich war. Die aktuelle Analyse der Mumifizierungstechnik und die Radiokarbondatierung von Textilproben aus den Leinenumhüllungen platzieren das mumifizierte Individuum im späten Neuen Reich (ca. 1200-1113 v. Chr.). Das bedeutet, dass der Körper älter ist als der Sarg, was darauf hindeutet, dass lokale Händler im 19. Jh. einen nicht verwandten Körper in den Sarg legten, um ihn als Komplettset zu verkaufen. Die neuen Scans enthüllten auch das Ausmaß und die Beschaffenheit des Schlammpanzers, die zeigen, dass die Schlammschale den Körper vollständig umhüllt und in den Leinenhüllen geschichtet ist. Die Bilder der innersten Schichten weisen darauf hin, dass der Körper relativ kurz nach der ersten Mumifizierung beschädigt wurde und der Schlammpanzer und zusätzliche Umhüllungen angebracht wurden, um den Körper wieder zu vereinen und zu restaurieren. Die Autoren vermuten, dass der Schlammpanzer neben seinem praktischen restaurativen Zweck denjenigen, die sich um den Verstorbenen kümmerten, die Möglichkeit gab, die elitären Bestattungspraktiken nachzuahmen, den Körper mit einer teuren, importierten Harzschale mit billigeren, lokal verfügbaren Materialien zu umhüllen.

Obwohl diese „Schlamm-Panzer“-Behandlung in der Literatur bisher nicht dokumentiert wurde, bemerken die Autoren, dass es noch nicht möglich ist, zu bestimmen, wie häufig diese Behandlung bei nicht-elitären Mumien im späten Neuen Reich des alten Ägyptens gewesen sein könnte – und schlagen vor, dass weitere radiologische Studien an anderen nicht-königlichen Mumien mehr über diese Praxis enthüllen könnten.

Die Autoren fügen hinzu: „Die Lehmschale, die den Körper einer mumifizierten Frau innerhalb der textilen Umhüllung umschließt, ist eine neue Ergänzung zu unserem Verständnis der altägyptischen Mumifizierung.“

| Nach einer Pressemeldung der Macquarie University, Sydney

Originalpublikation:

Sowada K, Power RK, Jacobsen G, Murphy T, McClymont A, Bertuch F, et al. (2021) Multidisciplinary discovery of ancient restoration using a rare mud carapace on a mummified individual from late New Kingdom Egypt. PLoS ONE 16(2): e0245247.


Cover AW220

Das könnte Sie auch interessieren:

Im Titelthema widmen sich zahlreiche Wissenschaftler intensiv der Medizin des Altertums. Im Zentrum stehen die ägyptische und die griechisch-römische Kultur. Präsentiert werden aktuelle Forschungen, die einen Einblick in uns recht fremd erscheinende Phänomene der Alltagskultur der Antike ermöglichen und diese für den heutigen Leser nachvollziehbar machen.