Möbelbeschlag «Frau im Fenster»

phönizisch, 8./7. Jh. v. Chr.
Syrien, aus Arslan Tash
Elfenbein, Glas
H. 5,9 cm, B. 4,2 cm
Museum für Kunst und Gewerbe
Hamburg Inv. 1966.26
Eigentum der Stiftung Hamburger
Kunstsammlungen St. 224

Bildnachweis © Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg;
Foto: Maria Thrun

Exponat im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

In Khadatu (heute Arslan Tash), einer assyrischen Grenzfestung am oberen Euphrat und unweit von Aleppo, wurde bei Ausgrabungen durch den Assyriologen François Thureau-Dangin im Jahre 1928 eine kleine Gruppe von Elfenbeinsplittern und -fragmenten gefunden, die in das 9. bis 7. Jahrhundert v. Chr. datieren. Es handelt sich bei den in Hochrelief geschnittenen Elfenbeinen um Möbelbeschlagstücke, die wohl ursprünglich mehrere Throne oder Liegen, die bei den Ausgrabungen entdeckt wurden oder rekonstruiert werden können, schmückten.
Das kleine Relief zeigt einen nach ägyptischer Mode frisierten Frauenkopf en face, der aus einem rechteckigen Bildfeld bzw. Fenster oberhalb einer Säulenbalustrade herabschaut. Zwischen Säulen und Balustrade befindet sich ein längsrechteckiges Feld, in das eine feine, einst transparente Glaspaste eingefügt ist. Das Haar der Frau fällt zu beiden Seiten hinter den Ohren herab und endet in Locken kurz unter Kinnhöhe. Die Frau trägt reichen Kopf- und Ohrenschmuck. An der linken Seite ist das kleine Relief um ein weiteres Kapitell sowie die fehlende Partie des Fensters zu ergänzen.

Das Motiv der «Frau im Fenster»

Die «Frau im Fenster» (assyrisch «kililu sa apati») zählt zu den äußerst beliebten Motiven
der als Möbelzier verwendeten Elfenbeine. Dargestellt ist wohl die Liebesgöttin Astarte
oder eine heilige Sklavin bzw. Dienerin (gr. hierodule) im Dienste der Göttin, der übelabwehrende
Kräfte zugeschrieben wurden.
Gestalterisch werden die Objekte dem phönizischen Stil zugeordnet, der sich durch seine
feine Zeichnung, die glatte Oberflächenbehandlung und deutlich ägyptische Einflüsse von den
Gruppen «assyrischen» und «syrischen» Stils unterscheidet.

Neue Forschungen ermöglichen es mittlerweile, die Fertigungstechniken, die Lage im Stoßzahn
und die unmittelbar verwandten Objekte zu benennen. Die Stücke waren ehemals
farbig gefasst und stellenweise mit Blattgold überzogen. Sie geben einen Einblick in die Luxusgüter
der damaligen Eliten. Einige der Elfenbeine aus Arslan Tash wurden wohl in Damaskus
produziert und könnten von den Assyrern als Teil der Kriegsbeute des Jahres 773 v. Chr. mitgenommen
worden sein.
Weitere zugehörige Zierbeschläge befinden sich heute u. a. im Musée du Louvre in Paris,
im Metropolitan Museum in New York, im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe, in Jerusalem
und Aleppo.

| Frank Hildebrandt

Dieser Beitrag stammt aus dem Archäologischen Kalender 2020, der 24 Exponate des mkg Hamburg präsentiert.
Informationen zum Museum finden Sie unter

www.mkg-hamburg.de

Archäologischer Kalender 2021, wbg zabern

Präsentiert 24 Exponate aus dem Rheinischen Landesmuseum Trier. Die Kuratoren des Museum erzählen die Geschichte der Objekte.

Archäologischer Kalender 2021