Gemme

Gemme mit Silen

griechisch, um 520 v. Chr.
«Master of the London Satyr»
Fundort unbekannt
Karneol
H. 1,9 cm, B. 2,4 cm, T. 0,8 cm
Museum für Kunst und Gewerbe
Hamburg Inv. 1971.53

Bildnachweis
© Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg;
Foto: Joachim Hiltmann

Exponat im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Zur kunsthandwerklichen Meisterschaft der Antike zählte auch die Steinschneidekunst (Glyptik). Sowohl Gemmen – Steine mit eingetieftem Relief – als auch Kameen – Steine mit erhabenem Relief sind in großer Vielfalt erhalten. Darunter finden sich zahlreiche Meisterwerke bekannter Steinschneider, von denen wir durch schriftliche Quellen Kenntnis haben. Insbesondere Plinius der Ältere listet in seiner Naturgeschichte bedeutende Künstler auf; einige signierten aber auch ihre Werke.
Zu den Meisterwerken der griechischen Glyptik archaischer Zeit zählt diese Gemme, die dem «Master of the London Satyr» zugeschrieben wird. Bei der Form handelt es sich um einen Skarabäoid, der sich an ägyptischen Skarabäus-Amuletten orientiert. An den Schmalseiten befindet sich je eine den Stein nahezu durchziehende Bohrung, die wohl ehemals der Befestigung an einem Ring oder Schmuckstück diente.

Darstellung

Das ovale Bildfeld wird von einem Strichrand eingefasst. Dargestellt ist ein halb liegender,
sich am Bildfeldrand abstützender Silen mit gekreuzten Beinen, der mit der anderen Hand
einen langstieligen Kantharos erhoben und offensichtlich bereits geleert hat. Während Kopf
und Brust frontal zu sehen sind, ist der Unterkörper in einer Dreiviertelansicht dargestellt; die
Beine sind im Profil gezeigt. Oberhalb der Beine befindet sich ein zweiter Kantharos mit großem
Körper, Perlrand und geschweiften Henkeln, der wie umgestoßen wirkt. Das rauschhafte
Treiben hat also bereits seinen Lauf genommen.
Das Antlitz des Silens schaut den Betrachter mit durchdringendem Blick an. Das breite
grobe Gesicht weist einen strähnigen Bart, eine breite Nase sowie weit aufgerissene Augen auf.
Deutlich erkennbar sind die für Silene und Satyrn typischen spitzen Ohren. Auf einen Pferdeschwanz
hat der Gemmenschneider dagegen verzichtet.

Datierung

Die geschickte, in das Oval eingeschriebene Komposition sowie das Ausnutzen des Raumes
und sich Abstützen am Rand findet sich auch bei den bedeutenden Schalenmalern der spätarchaischen
attischen Vasenmalerei. So möchte man den Gemmenschneider gerne in die Zeit
eines Epiktet und seines Umfeldes einordnen.
Die liegende Haltung des Silens entspricht der Motivüberlieferung. Doch wenn man das Bild
– wie Peter Zazoff anmerkt – dreht, so wirkt der angelehnte Silen tänzelnd, schwankend und
entfaltet noch einmal einen neuen Reiz. Hierin zeigt sich die kompositorische Meisterschaft
des Gemmenschneiders.

| Frank Hildebrandt

Dieser Beitrag stammt aus dem Archäologischen Kalender 2020, der 24 Exponate des mkg Hamburg präsentiert.
Informationen zum Museum finden Sie unter

www.mkg-hamburg.de

Archäologischer Kalender 2021, wbg zabern

Präsentiert 24 Exponate aus dem Rheinischen Landesmuseum Trier. Die Kuratoren des Museum erzählen die Geschichte der Objekte.

Archäologischer Kalender 2021