Erfolg im Nachwuchswettbewerb der Kleinen Fächer

Projektförderung durch Hochschulrektorenkonferenz und Bundesministerium für Bildung und Forschung mit dem Ziel der Vernetzung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

In einer gemeinsamen Initiative fördern die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bundesweit 19 Projekte von Promovierenden und frühen Postdocs aus den Kleinen Fächern zur Entwicklung neuer Vernetzungs- und Kommunikationsstrategien. Dabei konnten sich gleich zwei Mainzer Anträge durchsetzen: Das Projekt „Von analog zu digital: Konzeption der Keilschriftforschung im 21. Jahrhundert am Beispiel administrativer Urkunden“ will den wissenschaftlichen Nachwuchs der Altorientalistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit dem der Computerlinguistik der Hochschule Mainz zusammenbringen und in der gemeinsamen Bewältigung interdisziplinärer Forschungsfragen vernetzen. Das Projekt „Knotenpunkt Byzanz – Junge Forscher, neue Perspektiven“ setzt auf das bereits seit einigen Jahren existierende Doktorandennetzwerk „Young Academics Network Byzanz“ (YAN) auf und strebt die bundesweite Vernetzung auf fachlicher und persönlicher Ebene an.

„Mit dieser gleich zweifachen Auszeichnung im Nachwuchswettbewerb zur Förderung der Kleinen Fächer stellen unsere jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihren Willen und ihr Engagement, ihre jeweiligen Fächer sowohl innerhalb der Fachcommunity als auch darüber hinaus zu öffnen und zu vernetzen, unter Beweis“, betont Prof. Dr. Stefan Müller-Stach, Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs an der JGU. „Die Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses wird an der JGU als Kernaufgabe verstanden und gelebt, gestützt unter anderem durch das Gutenberg Nachwuchskolleg, das die Hochschulleitung in strategischen Fragen im Bereich der Nachwuchsförderung berät.“

„Von analog zu digital: Konzeption der Keilschriftforschung im 21. Jahrhundert am Beispiel administrativer Urkunden“

Die Altorientalische Philologie – also die Wissenschaft von Sprache und Kultur des Alten Orients – beschäftigt sich mit in Keilschrift geschriebenen Dokumenten, die zumeist in der Form von Tontafeln vorliegen, teils aber auch auf Inschriftträgern etwa aus Stein oder Metall. Das keilschriftliche Textmaterial ist zwar enorm, aber im Vergleich zum Textmaterial lebender Sprachen dennoch verschwindend gering. Daher klassifiziert die Computerlinguistik die überlieferten altorientalischen Sprachen als sogenannte Low Resource Languages, womit die besondere Herausforderung beschrieben ist, dass typische Methoden des maschinellen Lernens oder weitere Textanalysen im Bereich des Natural Language Processing (NLP) üblicherweise von einer weitaus größeren Menge von Texten profitieren. Dennoch ist es durch die fortschreitende Digitalisierung von Forschungsdaten und die Unterstützung der Informatik zunehmend möglich, auch kleinere Textkorpora zu analysieren und auszuwerten. Gleichzeitig bilden die digitalen Editionen durch die Bereitstellung digitaler Keilschrifttexte, Datenformate, Metadaten und Inhalte die Interessen der Computerlinguistik ab. Genau vor diesem Hintergrund möchte das Mainzer Projekt „Von analog zu digital: Konzeption der Keilschriftforschung im 21. Jahrhundert am Beispiel administrativer Urkunden“ als Kooperation der Altorientalistik an der JGU und Computerlinguistik der Hochschule Mainz beide Disziplinen vernetzen, um miteinander zu lernen, voneinander zu profitieren sowie die Digitalisierung innerhalb der Altorientalistik voranzubringen, denn bislang ist das Erlernen entsprechender methodischer Verfahren kaum in die wissenschaftliche Ausbildung integriert.

3-D-Scan einer Keilschrifttafel für das Keilschriftprojekt der Altorientalistik der JGU, das im Nachwuchswettbewerb der Kleinen Fächer Erfolg hatte.
3-D-Scan einer Keilschrifttafel aus Haft Tappeh mit Transliteration und Metadaten. (Foto/©: HaftTappehProjekt2019)

Das Team um die Projektleiter Dr. Eva-Maria Huber und Tim Brandes vom Institut für Altertumswissenschaften der JGU sowie Timo Homburg vom Institut für raumbezogene Informations- und Messtechnik (i3mainz) der Hochschule Mainz plant für Ende Februar 2021 einen Workshop, um den Austausch zwischen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Disziplinen Altorientalistik und Computerlinguistik deutlich zu verstärken und im Ergebnis einen Leitfaden für die Digitalisierung von Texteditionen zu erarbeiten. Dabei sollen verschiedene philologische Bearbeitungsstrategien thematisiert, Anreize zur Entwicklung von Hilfsmitteln durch die Informatik geschaffen und ein breites Diskussionsforum zur Digitalisierung von Texteditionen ins Leben gerufen werden. In Vorbereitung auf den Workshop hat das Projektteam unter https://idcs.hypotheses.org/ bereits einen Blog eingerichtet, in dem zeitnah erste Themen gesetzt werden, um die Kooperation zwischen der Informatik und der Altorientalistik durch die Vorstellung, Bewertung, Erarbeitung und Diskussion von Best Practices der Keilschriftedition zu fördern. Hier werden Tools für die Arbeit mit Keilschrittexten, Updates aus Forschungsprojekten mit digitalen Keilschrifteditionen, Bewertungen von digitalen Keilschriftressourcen sowie Berichte über Events, die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der beiden Disziplinen zusammenbringen, zu finden sein.

„Knotenpunkt Byzanz – Junge Forscher, neue Perspektiven“

Die Byzantinistik und die Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte sind schon seit Jahrzehnten Teil der Fächerlandschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, seit 2011 besteht zudem eine erfolgreiche Forschungskooperation mit dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum im Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und Okzident. Beide Fächer, die Byzantinistik auf der einen Seite, die Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte auf der anderen Seite, beschäftigen sich mit der Geschichte, Kultur und Materialität des byzantinischen Reichs. Bereits Ende 2013 gründeten Promovierende und Postdocs eine eigene Nachwuchsgruppe, um den Austausch untereinander zu fördern und die Mitglieder durch Workshops weiterzubilden. Dieses Netzwerk, das Young Academics Network Byzanz (YAN), hat in den letzten Jahren bereits große Strahlkraft innerhalb des Fachs entwickelt und sich schrittweise auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs anderer Universitäten geöffnet. Zudem bringt das Netzwerk seit dem vergangenen Jahr nationale und internationale Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der beiden Disziplinen in thematischen Roundtables zusammen, wobei der Austausch allerdings bislang überwiegend auf persönlichen Kontakten besteht.

Keramikkatalogisierung von byzantinischer Keramik.
In einem früheren Workshop des Young Academics Network Byzanz ging es unter anderem um das Zeichnen und Katalogisieren byzantinischer Keramik. (Foto/©: YAN)

Mit dem Projekt „Knotenpunkt Byzanz – Junge Forscher, neue Perspektiven“ möchte das Mainzer Projektteam um Antje Steinert, Miriam Salzmann, Dr. João Vicente de Medeiros Publio Dias und Dr. Tristan Schmidt das Netzwerk YAN strukturiert ausbauen, institutionalisieren und für die bundesweite Vernetzung des wissenschaftlichen Nachwuchses der Byzantinistik und der Christlichen Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte öffnen. Bisherige begrenzte Treffen, etwa zwischen Mainz, Münster und Köln, haben eine erste Basis für einen Austausch geschaffen und den Bedarf nach strukturierter Vernetzung aufgezeigt. So veranstaltet das Projektteam am 1. und 2. Februar 2021 ein zweitägiges Treffen mit rund 30 fortgeschrittenen Doktorandinnen und Doktoranden sowie Postdocs in Mainz, um einerseits eine Vernetzung auf fachlicher und persönlicher Ebene zu ermöglichen, aus der sich im besten Fall eine fruchtbare Zusammenarbeit und neue Projektideen ergeben. Andererseits möchte das Projekt die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in diesen kleinen Fächern als Ganzes in den Blick nehmen und über Möglichkeiten der Karriereplanung und Drittmitteleinwerbung informieren. Ergänzt wird das Treffen durch eine öffentliche Podiumsdiskussion, Podcast-Interviews, in denen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler über ihre Arbeit berichten sowie eine auch digital verfügbare Posterausstellung zu Projekten beider Fächer an verschiedenen Standorten in ganz Deutschland.

| Nach einer Pressemeldung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz


Nachwuchswettbewerb „Kleine Fächer: Sichtbar innovativ!“

Mit dem gemeinsam ausgerufenen Nachwuchswettbewerb „Kleine Fächer: Sichtbar innovativ!“ würdigen die HRK und das BMBF die Kleinen Fächer, die mit ihren vielfältigen Perspektiven einen entscheidenden Beitrag zur Vielfalt der deutschen Hochschullandschaft und zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten. In Ergänzung der Kleine Fächer-Wochen an deutschen Hochschulen im Wintersemester 2019/2020, an denen sich die JGU mit dem Projekt „#explorer4aday / #explorer4aweek. Alltag in den Kleinen Fächern der Altertums- und Geschichtswissenschaften“ beteiligte, tragen die ausgewählten Projekte im Nachwuchswettbewerb ebenfalls dazu bei, die Kleinen Fächer untereinander stärker zu vernetzen und öffentlich sichtbarer zu machen. Gleichzeitig erhält der wissenschaftliche Nachwuchs so bereits in einem frühen Karrierestadium die Möglichkeit zur Profilierung.

Mainzer Arbeitsstelle Kleine Fächer

Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz als einzige Volluniversität des Landes Rheinland-Pfalz beherbergt eine ganze Reihe Kleiner Fächer, die in der Regel nur mit ein oder zwei Professuren ausgestattet sind und teils nur an wenigen deutschen Universitäten gelehrt werden. Zudem ist seit 2015 die Mainzer Arbeitsstelle Kleine Fächer an der JGU angesiedelt. Ihre Aufgabe ist die Kartierung der Kleinen Fächer, die Untersuchung der Situation der Kleinen Fächer an deutschen Universitäten sowie deren Vernetzung.


Das könnte Sie auch interessieren:

Die Altorientalistik der JGU Mainz erarbeitet – zusammen mit den Universitäten Marburg und Würzburg, sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, eine Onlinedatenbank für hethitische Keilschriftdokumente.